Es war einmal an mehreren Abenden im Hause Whiskyzoom, da kramte ich in einer aufwändigen Aktion die schon seit längerem rumstehenden Glenfiddich-Samples aus dem mehr oder weniger gar nicht übersichtlich sortierten Sampleschrank, um mich endlich mal an das schon ewig geplante Vertical Tasting dieser Brennerei zu machen – Eine Brennerei, die jedem Whiskytrinker immer ein Begriff ist, die mit dem Glenfiddich 12 einen absoluten Klassiker im Portfolio hat, die aber bei uns Nerds dann doch nur sehr selten im Glas landet. Über insgesamt eine Woche probierte ich mich also nach und nach durch folgende sieben Samples:
Ich hab die Tasting Notes zwar eher kurz gehalten, aber der Text ist natürlich trotzdem ziemlich lang geworden. Wollte euch aber auch nicht mit "auflockernden" Fotos von irgendwelchen Samplefläschchen quälen, daher halt eher Textwüste. Es gibt ein Einzelfazit zu jedem Whisky und ein Gesamtfazit ganz am Ende. Seid tapfer beim Lesen.
Select Cask aus der Cask Collection, Bourbon & European & Red Wine Casks, 40%, Travel Retail
Aroma:
Jede Menge Vanille, rote Trauben, Malzbonbons, vergorene Äpfel, Akazienhonig, Ingwer, ein Hauch von Leder und angekohlter Eiche.
Geschmack:
Süffig und leicht, mit einer überraschenden Note von frisch angespitztem Bleistift, dazu ordentlich Tannine, weißer Pfeffer, angebranntes Karamell, dunkles Malz, Nougat, Muskat
Abgang:
Mittellang, relativ dunkel, Tannine, angebranntes Holz, Nougat, leicht bitter.
Fazit:
Kein Traum, aber in Ordnung, um ihn so nebenbei wegzusüffeln.
Small Batch Reserve, 18 Jahre, Oloroso Sherry & Bourbon Casks, 40%
Aroma:
Vanille, saftige Kirschen, Marzipan, Orangenmarmelade, Aprikosen, angebranntes Karamell, sehr süß, nur ein Hauch Holz
Geschmack:
Sanft, leichtes Holz, trocken, Bitter Lemon, Walnussschalen, Äpfel, Rosinen, Nougat, ein Hauch Honig und Karamell. Eher leicht auf der bitteren als auf der süßen Seite
Abgang:
Eher kurz, ein wenig Pfeffer, Nougat, frisch abgebrochene Äste, Tabakkrümel, Vanille und Honig.
Fazit:
Im besten Sinne nett. Nicht mehr und nicht weniger. Für einen 18 Jahre alten Whisky gerade dadurch für mich dann aber doch ein bisschen enttäuschend.
IPA Experiment, Experimental Series No. 1, Indian Pale Ale Cask Finish, 43%
Aroma:
Helles Holz, dunkles Malz, abgestandenes Bier, Heidekräuter, Vanille, Grapefruit und Honig
Geschmack:
Dumpf, leicht muffig, würzig, Pfeffer, Tannine, Hopfen und Birne - Kein überragender Genuss.
Abgang:
Kurz, Bitter, mit Bier, Zitrone und Pfeffer.
Fazit:
Den mag ich schlicht und einfach nicht. Mit diesen Bieraromen im Whisky komme ich leider nicht klar.
Winter Storm, 21 Jahre, Experimental Series No. 3, Ice Wine Cask Finish, 43%
Aroma:
Zitrone, Eukalyptus, Honig, Aprikose, sehr leicht und sanft, Vanille, faszinierend einfach
Geschmack:
Wieder sanft und leicht, mit sehr runder Pfeffernote, Erdbeeren, süßes Malz, buttrig, ein Hauch Kokos, trocken
Abgang:
Unerwartet lang, Bitter Lemon, morsches Holz, Nougat, Ingwer und Vanille
Fazit:
Bisher mit Abstand der Beste. Relativ einfache, klare Noten, diese aber komplex angerichtet - Wie ein Gericht im Sternerestaurant aus nur drei Zutaten. Wenn der nur nicht so teuer wäre…..
Project XX, Experimental Series No. 2, 47%
Aroma:
Vanille, rote Grütze, Zitrone, Eukalyptus, Vollmilch und Honig. Sehr süß, aber auch sanft.
Geschmack:
Trocken, dumpfes Holz und kalter Kaffee zu Beginn, dann leichte Süße, Kakao, Sauerkirschen, Pfeffer, vergorene Äpfel, Eichenwürze und Zimt.
Abgang:
Mittellang und trocken, Tannine, heller Pfeffer, Eichenwürze, dunkle Beeren, Schokolade.
Fazit:
Nicht überragend, aber völlig in Ordnung, wenn man die mit der Zeit immer mehr vortretenden Bitternoten mag…..so wie ich.
Distillery Edition 15 Jahre, American & European Oak Casks, 51%
Aroma:
Sehr viel Vanille, dazu vergorene Äpfel und ein wenig Birne, Aprikose, frisch abgebrochene Äste und eine erstaunlich schwere Süße im Hintergrund
Geschmack:
Espresso mit Nougateinlage, verkohltes Holz und angebranntes Toast. Wo sind denn die ganzen tollen Noten aus der Nase geblieben? Ein bisschen Pfeffer noch und das war es dann auch.
Abgang:
Kaffee, Nougat, irgendwas angebranntes und alte Eiche. Mittellang.
Fazit:
Phantastische Nase und der Rest ist nur spannend, wenn man auf schokoladigen Holzkaffee steht. Gibt es ja in Batches und vielleicht hab ich mit meinem da einfach Pech.
Fire & Cane, Experimental Series No. 4, Rum Cask Finish, 43%
Aroma:
Süß-Saurer Ananas-Rauch, Zimt, Vanille, Melasse, zarte Eiche, Äpfel und Asche
Geschmack:
Eher kalt, süffig und ordentlich aschig, Vanille, saure Äpfel, Butterkeks, leichter Pfeffer, ölig, Minze
Abgang:
Lang, aschig und trocken. Butterkeks, Vanille, ein wenig Leder und kalter Kaffee
Fazit:
Ok, aber nicht überragend. Ein in der Nase noch klar erkennbares Rum Cask Finish, welches dann im Weiteren verschwindet, so dass es ein solider Raucher wird. Für den aufgerufenen Preis völlig in Ordnung.
Gesamtfazit:
Ich hab hier jetzt sieben Glenfiddich doch sehr unterschiedlichen Alters aus doch sehr unterschiedlichen Preisklassen mit sehr unterschiedlichen Fassreifungen probiert und kann in jedem Fall sagen, dass die ganz typischen Glenfiddich-Noten wie dieses fruchtig-milde, häufig süßliche, sehr feine Aroma sich mindestens in der Nase bei allen sieben Drams wiederfinden…..und gerade der Geruch hat es mir tatsächlich bei allen außer dem IPA-Finish doch sehr angetan. Daher kann ich für mich wohl schließen: der grundsätzliche Stil von Glenfiddich scheint mir durchaus zu gefallen.
Was danach im Mund die einzelnen Fassreifungen draus gemacht haben, gefällt mir nicht immer, liegt aber, soweit ich mir da eine Beurteilung zutraue, mit seinem Geschmack in einem guten Verhältnis zum Preis…..abgesehen von dem wirklich nicht leckeren Batch des 15er, welches ich hatte. Ganz klarer Sieger: der 21 Jahre Alte mit dem Ice Wine Cask Finish – Ein richtig toller Whisky, leider nur preislich aktuell über meinen Vorstellungen. Heißt also wohl: an Glenfiddch muss ich mich häufiger mal rantrauen.