Es begab sich an einem Wochenende Anfang April, dass sich etwa 20 Blogger und Vlogger teilweise nebst Anhang zu einem Wochenendbesuch im idyllischen Emstek in den tiefen Niedersachsens einfanden, um dem Plan nach die dort befindliche Brennerei „The Lübbehusen“ gemeinsam zu besichtigen, Whiskys zu verkosten und Blödsinn zu reden. All diese drei Dinge wurden zumindest zu meiner Zufriedenheit souverän erfüllt.
Nach ersten Schwätzchen und einem Einstiegsdram im Hotel ging es per Shuttle-Taxis direkt zur Brennerei, wo Jens Lübbehusen („Der Chef von das Ganze“ wie wir Norddeutsche sagen würden) uns absolut herzlich begrüßte, eine erste Runde Erfrischungsgetränke verteilte und uns anschließend durch sein Reich führte. Bereits hier war zu merken: hier steckt nicht nur sein Herzblut drin, sondern Jens ist auch ein großartiger Gastgeber, der zusätzlich dazu keiner noch so kritischen Frage auswich. Eine anschließende Verkostung sämtlicher Produkte von peated und unpeated Malt über Rye und diverse Single Casks hin zu Malt Whisky Honig Likör, ein Chef am Grill und viele, viele Gespräche untereinander prägten einen tollen Abend, an dem für mich ein Whisky herausstach: die nur vor Ort erhältliche „Distillery Edition“: 5 Jahre alt, 57,4%, gereift in Virgin Oak, Rotwein und Bourbon-Casks, wenn ich das vor Ort richtig mitbekommen habe.
Nach so einem langen Tag mit sieben oder acht anderen Whisky vor dem Probieren der Distillery Edition traue ich immer meinem Gaumen nicht so richtig, daher hab ich die vor Ort erworbene Flasche erstmal in meine Whiskytruhe gestellt, um alles darüber zu vergessen, und jetzt erst wieder zum Verkosten rausgeholt. Bin schon gespannt, was mich vor anderthalb Monaten so begeistert hat.
Aroma:
Dunkle, vollgesogene Kirschen, saftige Waldbeeren, frisch abgebrochene Äste und Nougat dominieren den ersten Eindruck. Vanille, Butterkekse, Tannine, Muskatnuss und weißer Pfeffer lauern im Hintergrund und machen den Dram in der Nase insgesamt zu einer sehr runden, harmonischen und verlockenden Angelegenheit.
Geschmack:
Die 57,4% kommen schon klar erkennbar auf der Zunge an, werden aber schnell von Pfeffer, dunklem Malz, Bitterschokolade und Orangenmarmelade verdrängt. Anschließend gibt dieser staubtrockene Whisky ordentlich Fruchtsüße, angebrannten Kaffee, frisches Holz und eine Menge Tannine preis. Wenn ich das selber so lese, klingt es, als wäre der Whisky ziemlich bitter und scharf, aber das ist tatsächlich nicht der Fall: die weinigen Noten und die Fruchtsüße halten ihn souverän auf der „elegant-bitteren“ Seite der Macht.
Abgang:
Mittellang, mit Eukalyptus und kaltem Kaffee, Malzbonbons und Nougat, Pfeffer und Kirschen, staubtrocken
Fazit:
Diese Distillery Edition von „The Lübehusen“ ist auch als erster Dram eines Abends sehr lecker, auch wenn dann natürlich die Fassstärke deutlich stärker zur Geltung kommt. Spannende Rotweinnoten, passendes Virgin Oak und ein sehr malziges Destillat passen hier sehr schön zusammen. Wenn ich jetzt noch den Hauch einer Ahnung hätte, was ich ganz am Ende des Abends nach diversen Whisky für die Flasche eigentlich bezahlt hab, könnte ich auch was zum PLV sagen…. Dunkle Erinnerungen sagen 50 € für die 0,5 Liter, was für einen fassstarken Dram aus einer kleinen Brennerei völlig in Ordnung ist.
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