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Ein Dreier mit Whic

26. Juli 2020

Old Pulteney 11 Jahre, Inchgower 21 Jahre, Caol Ila 6 Jahre

Kaum ist man mal drei Wochen im Urlaub, stapeln sich plötzlich die Bestellungen und Samples bei einem zuhause und man kommt mit dem Probieren nicht wirklich hinterher. Da helfen nur harte Methoden, daher gibt es heute mal einen Dreier mit Whic. Habe nämlich noch drei Samples des Onlineshops und unabhängigen Abfüllers aus Bremen rumstehen, deren Abfüllungen allesamt bereits ausverkauft sind, die ich aber trotzdem besprechen möchte.

Dies hat zum einen damit zu tun, dass es in meinem Urlaub in den verschiedensten sozialen Medien ja durchaus Diskussionen rund um die Themen Preisgestaltung, Layout und Werbung gab und ich allein deswegen schon ein wenig etwas dazu schreiben möchte. Zum anderen bin ich ohnehin die Zielgruppe für alle drei Drams, d.h. ich hätte sie eh intensiv verkostet, also kann ich auch gleich drüber schreiben.

Ganz im Sinne des Namens meines Blogs lege ich den Fokus bzw. natürlich den (Whisky-)Zoom auf den Whisky selber und nicht auf die Verpackung oder die Werbung. Ich ertappe mich selber häufig dabei, dass ich in meinen Tasting Notes nicht einmal etwas über die Farbe des Drams schreibe, weil selbst die mir ziemlich egal ist - Hauptsache der Whisky schmeckt (Im Sinne der Informationspflicht pflege ich die Farbe dann aber wenigstens nachträglich in die Notes ein). Der Zoom auf dem Whisky soll auch so bleiben, daher gibt es auch bei diesen drei Sample nix zu Werbung oder dem Äußerlichen. Ist auf Samples ohnehin kaum zu beurteilen, wie ein Layout auf einer großen Flasche aussehen könnte.

Zur Preisgestaltung äußere ich mich eigentlich immer gerne, aber das nur bezogen auf mein persönliches Preis-Leistungs-Verhältnis nach Genuss des Drams, d.h. ist mir persönlich der Whisky den derzeit aufgerufenen Preis wert. Ob es dann der Preis des Abfüllers selber oder bei ausverkauften Whiskys der Preis auf dem Sekundärmarkt ist, hängt natürlich immer vom Whisky ab. Heißt: ich versuche auch hier, wie bei den Tasting Notes, nur mein eigenes Empfinden wiederzugeben, welches sich durchaus von vielen anderen unterscheiden wird und natürlich auch muss.

Was es aber, vielleicht auch leicht ketzerisch, zu sagen gibt: der Inchgower und der Caol Ila sind trotz aller möglichen und vielleicht sogar berechtigten Kritikpunkte nach kurzer Zeit ausverkauft. Entweder messen viele also der Werbung und dem Layout ebensowenig Bedeutung zu, wie ich, und kommen in ihrem persönlichen PLV-Gefühl zu dem Ergebnis, dass der Preis passt. Oder aber die ganze Diskussion war nur ein typischer Sturm in Social-Media-Wasserglas und alles war richtig so. Oder alle Käufer wurden nur verführt und wachen jetzt auf. Time will tell.

Fünf Absätze und immer noch kein Wort zu den Drams vor mir in den drei Glencairn:

Ein Old Pulteney, 11 Jahre alt, 56,5%, Finish im Sherry Cask. Abgefüllt für die inzwischen eingestellte „Landscape of Taste“-Serie.
Ein Inchgower, 21 Jahre, 59,3%, ebenfalls mit Sherry Cask-Finish. Abgefüllt als Teil 2 der „Amazing Whiskies“-Serie.
Ein Caol Ila, 6 Jahre, 61,8%, Charred Wine Hogshead. Abgefüllt als Teil V der „War of the Peat“-Serie.

Drei Fassstärken am Stück verkosten mag eine blöde Idee sein, aber so ein Dreier kann auch seine Reize haben. Auf jeden Fall werden die Notes etwas kürzer als gewohnt, denn der Text ist eh schon so lang, dass kaum einer bis hier liest. Alle drei Samples wurden mir kostenlos von Whic zur Verfügung gestellt

Aroma:

Old Pulteney: Auch nach langer Zeit im Glas schlägt mir die Fassstärke hier noch kräftig aber nicht unangenehm entgegen und kann nur wenig von dunklen Beeren, Pflaumen und Muskat gebändigt werden. Salz und Feigen lassen sich gemeinsam mit dunkler Schokolade noch rauskitzeln, aber mehr ist nicht zu finden.

Inchgower: Relativ mild, für seine 59,3%, aber auch nach dreißig Minuten im Glas immer noch mit einer leichten Klebstoffnote versehen. Dazu muffig, staubig, ledrig, mit säuerlicher Orange, dunkler Schokolade, überreifen duftenden Beeren, Küchenkräutern und frischem Holz.

Caol Ila: die Worte „süß, dunkel, Pflaume im Speckmantel“ schießen mir als Erstes in den Kopf, als ich an dem Caol Ila rieche. Kaltes Lagerfeuer, fette Kirschen, Pfirsich, Tannine und Honig.

Geschmack:

Old Pulteney: Dunkel, scharf und schwer ist der Dram im ersten Moment auf der Zunge, den kann man fast kauen. Eiche, trockene Süße, jahrelang in Alkohol gelagerte Feigen, bitterer Ruß und angebrannte Schokolade. Den sonst so maritimen, öligen, nussigen Pulteney kann ich ohne Wasser nicht finden. Mit Wasser habe ich viel bittere Eiche, ein bisschen Salz und wenig Nuss, aber immer noch eine herbe Dominanz des Sherry Casks.

Inchgower: Anfangs gibt es eine dunkle, kräftige, aber irgendwie milde Fassstärke auf die Zunge, die erst nach ein paar Sekunden die erwartete Schärfe und Wärme von sich gibt. Jede Menge Nüsse, Nougat, Ruß, rote Trauben und ein alter Reitstiefel prägen dabei den sehr würzigen Geschmack. Mit Wasser wird der Dram deutlich süßer, süffiger und gefälliger.

Caol Ila: „Rote Trauben auf Kohle“ lautet die erste Assoziation, dazu kalter Rauch, Wärme, Schärfe und Karamell. Im zweiten Schluck gibt es eine spannende, aber undefinierbare Säure, ein kräftig gesalzenes Eichenbrett und Erdbeeren hinzu. Mit Wasser fruchtiger, kühlend und deutlich trockener.

Abgang:

Old Pulteney: Lang und warm, hinterlässt eine herbe Schärfe am Gaumen und zieht die Wangen gefühlt in der Mitte zusammen.

Inchgower: Muskatnuss, Haselnuss, Holz, eher mittellang und bitter.

Caol Ila: Kalter Rauch, bitteres Holz und wieder die undefinierbare Säure aus dem Geschmack. Lang. Mit Wasser noch länger und staubtrocken.

Fazit:

Zuerst: vielen Dank an alle, die bis hierher gekommen sind, denn der Beitrag erreicht langsam Überlänge. Mein Fazit ist sehr gemischt, denn einen Dram mag ich überhaupt nicht, einer ist ok und einer ganz toll.

Wer die Notes tapfer gelesen hat, hat vermutlich gemerkt, dass der Old Pulteney so überhaupt nicht meins war. Ein viel zu dominierendes und wie ich finde auch unpassendes Sherryfinish, welches von der Brennerei nix übrig lässt. Die Bewertungen in der Base legen nahe, dass es eher an meinem persönlichen Geschmack liegt als dass wir hier einen schlechten Whisky haben. Da ich ihn mir nicht kaufen würde, gibt es nix zum PLV zu sagen.

Völlig ok war der Inchgower: in der Fasstärke ein „geht so“, aber mit Wasser ein sehr schöner, süffiger, ordentlicher Dram. Amazing? Hmm. Ich hätte ihn mir eher nicht gekauft, es sei denn, er wäre ein Super-Schnäppchen gewesen.

Der Caol Ila? Stark. Das ist genau, was ich mag, Kräftig, rauchig, mit einer absolut passenden fruchtig, süßen-sauren Note. Ja, er ist jung. Aber gerade bei Caol Ila ist das selten ein Problem. Klare Empfehlung. Preislich reiht er sich bei all den anderen jungen Caol Ila der letzten Zeit ein - Da gibt es also auch nix zu meckern.

So ein Fassstärke-Dreier ist für die Zunge nicht leicht, aber trotzdem so spannend, dass im Hintergrund drei Stunden lang die Qualifikation zur Snooker-WM 2020 im Fernsehen laufen konnte, ohne dass ich auch nur ein Ergebnis mitbekommen hätte. Vielleicht mache ich das also mal wieder......und halte es dann kürzer.



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