Neulich las ich irgendwo „Ist Tamdhu der neue Macallan?“.
Hmm....Macallan bleibt natürlich immer Macallan, mit all seinen Vor- und Nachteilen: Gruselige junge Drams, ordentliche im mittleren Alter, saustarke alte Abfüllungen. Jede Menge Sherry, jede Menge Eiche, aber vor allem mit Preisen jenseits von gut und böse.
Kann und will Tamdhu in einer ähnlichen Liga spielen? Preislich sind sie leider seit der Wiedereröffnung 2012 auf einem guten Weg und haufenweise gute Sherryfässer sind auch im Einsatz. Ansonsten aber glaube ich persönlich, dass Tamdhu trotz der unmittelbaren Nähe zu Macallan, zumindest was die Lage und die Reifung angeht, diesem auf lange Sicht nicht allzu sehr ähneln wird. Tamdhu hat durchschnittlich große Wash Stills und sehr, sehr große Spirit Stills. Macallan hat dagegen sehr große Wash Stills und geradezu winzige Spirit Stills. Das entstehende Destillat ist also ein völlig anderes, was dafür sorgt, das Macallan lange liegen muss, damit seine Fehlnoten vom Eichenfass aufgefangen werden, während Tamdhu auch nach kurzer Lagerung schon sehr rund und gefällig daherkommt, sich dafür im Alter aber nur noch wenig weiterentwickelt.
Das ist natürlich keine wissenschaftliche Analyse sondern eher gefährliches, hergeleitetes Halbwissen verbunden mit empirischer Wahrnehmung aus meinen bisherigen Macallan/Tamdhu-Versuchen, aber besser kann ich es halt nicht.
Dank deinwhisky.de habe ich gerade ein Sample des ersten originalen Single Casks von Tamdhu im Glas, welches von
deinwhisky.de
exklusiv für Deutschland abgefüllt wurde: ein dreizehnjähriger Tamdhu aus einem First Fill Oloroso Hogshead in Fassstärke. Ob der Whisky selber exklusiv ist, vermag ich noch nicht zu sagen, aber der Preis mit 169 € für einen dreizehnjährigen Dram ist es in jedem Fall.
Aroma:
Beim Schwenken im Glas wird der herbstfarbene Dram bereits sehr ölig und schwer, was auch eine erste Geruchsprobe bestätigt: jede Menge fruchtige Kraft angeführt von Pflaumen und weißen Trauben verbunden mit Eichenwürze steigen aus dem Glas hervor. Ob der starken Süße, die der Dram mit der Zeit entwickelt, fühle ich mich kurzzeitig sogar an ein Sauternesfinish erinnert, bis sich zusätzlich noch eine Karamellnote und Zitrusfrüchte dazugesellen. Kurzzeitig findet meine Nase auch ein wenig Gewürznelke, die aber nur bei starker Handwärme rauskommt.
Geschmack:
Im ersten Moment wie ein Sherry mit 60% Alkohol: süß, fruchtig, scharf, pfeffrig und weiterhin mit einer ordentlichen, aber noch angenehmen Portion Eichenwürze. Noten aus Kaffee und dunkler Schokolade sowie Nüssen und Pflaumen gesellen sich hinzu. Der ist selbst für jemanden wie mich, der absolut fassstärkenversaut ist, eine ordentliche Herausforderung auf der Zunge. Mit ein paar Tropfen Wasser verschwinden Eiche und Schärfe sehr deutlich, dafür kommen Kirschen, Trauben und vor allem Nüsse raus und machen den Dram sehr süffig.
Abgang:
Dunkle Schokolade, dunkle Früchte und ordentlich Eiche verbleiben etwa mittellang am Gaumen. Ganz am Ende bleibt einfach Sherry auf der Zunge liegen. Daran ändert sich auch mit Wasser nicht viel, zum Sherry gesellt sich allerdings eine leichte Schärfe.
Fazit:
Das First Fill Oloroso Hogshead hat hier ganze Arbeit geleistet und den Tamdhu ganz ordentlich beeinflusst, was bei dessen grundsätzlich eher mildem Destillat aber auch zu erwarten ist. Der Sherryeinfluss sorgt für eine sehr schöne Nase, aber die Schärfe auf der Zunge reißt den Dram ein bisschen rein. Ein paar Tropfen Wasser machen die Nase deutlich weniger gehaltvoll, den Whisky dafür aber wunderbar süffig und nussig. Probieren sollte man den Whisky allein aufgrund seiner schönen Nase und seiner Komplexität auf jeden Fall mal, aber zumindest für mich ist er die aufgerufenen 170 € dann doch nicht wert - Dazu bin ich zu wenig Sherrybombenliebhaber.