Ich bin ja bekennender Glen Grant-Fan und stehe gerade auf die länger gereiften Bourbonfassabfüllungen dieser Speysidebrennerei. Als ich neulich dann die jetzt vor mir im Glencairn atmende Abfüllung von 1992 bei Krüger in der Auktion entdeckte, musste ich einfach mitbieten und als es letztlich auf nur 77€ hinauslief, war ich durchaus glücklich.
Was haben wir hier also? 1992-2008, 46% Trinkstärke, Bourbonfass, 13542 Flaschen. Klingt erstmal nicht speziell, aber das klingt es bei Glen Grant selten und ich wurde trotzdem bisher selten enttäuscht. Wermutstropfen am Anfang: der Korken ist beim Öffnen vollkommen zerbröselt und ich musste den Flascheninhalt viermal filtern, um sämtliche Brösel zu entfernen. Auf dem Foto sieht man schon den Ersatzkorken aus dem großen Korkenglas.
Aroma:
Der Glen Grant kommt bei normaler Zimmertemperatur auch nach fast 30 Minuten nicht richtig auf Touren, daher gebe ich ihm ordentlich Handwärme und das hilft: Zitronengras, Granny Smith, Vanille und frisch abgebrochene Äste bahnen sich sofort ihren Weg aus dem Glencairn. Getreide, Honig, Malzbonbons und Stachelbeeren folgen nach einiger Zeit. Ein insgesamt fruchtig-säuerliches Sommeraroma - Ob ich den wirklich bei Minusgraden draußen verkosten sollte?
Geschmack:
Weißer Pfeffer, frisches Getreide, Vanille, undefinierbare Süße und ein wenig morsches Holz - In der Nase noch schüchtern, ist der Glen Grant im Mund plötzlich sehr direkt und durchdringend. Würziges Malz, feine Säure, eine schöne Frühlingswiese und minimal tropische Einschläge kombinieren sich zu einem wirklich süffigen, aber trotzdem intensiven Sommerwhisky.
Abgang:
Mittellang, mit würzigem Holz, Bitter Lemon, Vanille und Getreide, dazu trocken und ölig.
Fazit:
Dieser Glen Grant ist ein sanfter, süffiger Speysider: in der Nase fast zerbrechlich, im Mund dann intensiv, im Abgang würzig. Könnte für Viele auch unter „langweilig“ fallen, aber ich mag meinen Glen Grant so und gratuliere mir hiermit selber zu diesem Blindkauf und empfehle wie immer "Trinkt mehr Glen Grant".