Seit mehreren Jahren treibe ich mich regelmäßig auf den verschiedenen, speziell für Whisky vorhandenen, Auktionsseiten herum, biete fleißig mit und ersteigere auch ab und an mal etwas. So wie auf dem Foto kann dann durchaus mal ein Auktionsergebnis bei mir aussehen. Schon seit längerem gärt in mir daher die Idee zu einem kleinen Blog-Beitrag über das, was ich dort meine erlebt, erfahren und gelernt zu haben. Jetzt sitze ich hier also bei einem Dram und tippe einfach mal munter und bestimmt unstrukturiert alles runter, was mir einfällt. Wichtig: ich betrachte in diesem Beitrag alles nur aus Käufersicht und ignoriere den Teil des „Verkaufens“ völlig. Außerdem habe ich bisher noch nie Irish Whiskey oder Bourbon ersteigert, d.h. alle meine Einschätzungen beziehen sich nicht darauf.
Auktionsplattformen: In Deutschland ganz klar führend ist whiskyauction.com mit seiner 80er-Jahre-Retro-Website, aber lasst euch vom Design nicht abschrecken: die Plattform funktioniert völlig einwandfrei, hat keinerlei Serverprobleme bei hohem Traffic kurz vor dem Ende der Auktionen und sie sind noch dazu ganz extrem zuverlässig. Eine Auktion dauert immer grob vier Wochen, es gibt 10-11 Auktionen davon pro Jahr mit im Schnitt 5.000-6.000 Flaschen pro Auktion. Man registriert sich auf der Website immer (!) mittels einer Kreditkarte, kann dies direkt nach der Registrierung aber auf normale Banküberweisung umstellen lassen. Warum dies so durchgeführt wird, weiß ich nicht, aber ich vermute mal, dass mittels der Kreditkarte gleich eine Identitätsprüfung gemacht wird, damit sich nicht irgendwelche Fake-Accounts registrieren. Was man als Käufer noch wissen muss: man zahlt am Ende der Auktion 10% Gebühr auf den Auktionspreis der ersteigerten Flasche, 3 € Verpackungsgebühr pro ersteigerter Flasche und Versandkosten gestaffelt je nach Anzahl der Flaschen im Paket. Einmal vorgerechnet: wer 4 Flaschen für insgesamt 400 € ersteigert, zahlt 40 € Gebühr, 12 € Verpackungskosten und 9 € für den Versand, insgesamt also 461 €. Grob gerechnet also insgesamt 15 % auf den Auktionspreis. Wer an dieser Stelle wegen der zusätzlichen Kosten meckert, der weiß noch nicht, was die anderen Plattformen nehmen…..
Andere deutsche Plattformen sind mir nicht bekannt bzw. derart klein, dass eine Betrachtung sich nicht lohnt, aber es gibt da natürlich noch was im Ausland: whiskyauctioneer.com, scotchwhiskyauctions.com und whisky.auction sind dabei wohl die größten Plattformen und wurden vor dem Brexit von mir alle regelmäßig genutzt. Da diese aber alle (bis auf whiskyauctioneer, die zum Teil auch Flaschen in Kontinentaleuropa lagern) nur direkt aus England versenden, sind seit dem Brexit die Zölle zusätzlich draufgekommen, daher gucke ich dort inzwischen nur noch nach ganz extremen Schnäppchen, weil mir die Kosten einfach zu hoch geworden sind. Ansonsten sind wir auch hier bei 10% (Whiskyauctioneer, Scotchwhiskyauctions) bzw. 15% (whisky.auction) auf den Kaufpreis plus 3% zusätzlich bei Zahlungen per Kreditkarte, wenn man kein Engländer ist. Zusätzlich sind die Versandkosten deutlich höher (aber auch wieder gestaffelt nach Anzahl der Flaschen im Paket), dafür zahlt man aber keine Verpackungskosten. Um mal wieder zu rechnen: 4 Flaschen für 400 € ersteigert, 40 € Gebühr, 12 € Kreditkartenzahlung und etwa 37 € Versand (aus England, wenn bei whiskyauctioneer alles aus der EU käme, wären es 21 € Versand) macht insgesamt 489 € plus Zoll noch oben drauf. Hier sind wir grob gerechnet also bei etwa 22% auf den Auktionspreis und Zoll kommt noch hinzu. Was aber bei allen dreien auch gilt: sie sind zuverlässig und sicher. Lediglich scotchwhiskyauctions hatte vor ein paar Jahre mal kleine Probleme mit Fake-Flaschen. In GB wird übrigens anders geboten als bei whiskyauction in Deutschland: es gibt kein festes sondern nur ein vorläufiges Ende. Die Auktion werden nach jedem neuen Höchstgebot um zwei bis drei Minuten (je nach Plattform) verlängert, bis niemand mehr bietet. Heißt: vorläufiges Ende 19 Uhr. Neues Höchstgebot 18.59 Uhr verschiebt das Ende auf 19.02 Uhr. Neues Höchstgebot 19.01 Uhr verschiebt dann wieder auf 19.04 Uhr, usw…. Je nach Plattform gilt diese Regel entweder für jeden einzelnen oder gleich für alle Whiskys der gesamten Auktion.
Interessant übrigens: whiskyauction.com ist seit dem Brexit mächtig gewachsen, denn viele der Flaschen, die sonst zu den englischen Portalen gegangen sind, gehen jetzt aufgrund der Zölle halt zu dieser deutschen Plattform und auch viele der Käufer sind dorthin gewandert.
Ansonsten kann man natürlich immer gerne mal auf Ebay gucken, aber die dort aufgerufenen Preise sind in den meisten Fällen derart überhöht, dass es sich nicht lohnt. Zusätzlich ist hier das Risiko, eine Fälschung definitiv vorhanden, was insbesondere bei den auf Whisky spezialisierten Plattformen so gut wie nie vorkommen sollte. Ebay ist am ehesten für die Fälle interessant, bei denen sich der Verkäufer beim Erstellen der Auktion vertippt, so dass diese Auktion nicht von vielen gesehen wird (Es steht z.B. „Whiksy“ oder „Sprignbank“ in der Überschrift). Ansonsten kann ich Ebay nicht empfehlen. Catawiki (eine Art englisches Ebay für Luxuswaren) versteigert auch jede Menge Whisky, nimmt nur 9% auf den Auktionspreis, hat dafür aber eine deutlich geringere Whiskyexpertise als die auf Whisky spezialisierten Plattformen. Hier können schon mal Fake-Flaschen und Blödsinn durchrutschen.
Was lohnt sich nicht? Nach meiner Erfahrung kann man bei relativ aktuellen Hypeflaschen oder bei den klassischen, viel gesuchten Brennereien (Ardbeg, Springbank, Macallan, Laphroaig, japanische Whiskys) nur ganz extrem selten eine Flasche günstig ersteigern. Wer hofft, hier ein Schnäppchen zu machen, wird absolut enttäuscht werden. Hier jagen Sammler/Händler die Preise mächtig hoch und außer Schnappatmung hab ich da noch nie was bekommen. Solche besonderen Produkte kauft man möglichst direkt bei Erscheinen zum regulären Preis oder man lässt es. Was man immer bedenken muss: Whisky ist in Deutschland vergleichsweise billig. Was für uns daher teuer wirken mag, ist gerade in den skandinavischen Ländern oder auch in Teilen Asiens ein absolutes Schnäppchen, daher gehen einfachste Standardabfüllungen gerne mal deutlich über dem deutschen Marktpreis weg.
Was lohnt sich?Tja, das kommt nun ganz auf den persönlichen Geschmack an, aber ich gebe mal ein paar allgemeine Beobachtungen wieder, was sich lohnen könnte:
- Hypeflaschen, ab einem Jahr nach dem Hype, wenn es sich nicht gerade um eine der vielgefragten Brennereien handelt
- Viele Abfüllungen von Brennereien der zweiten und insbesondere der dritten (schottischen) Reihe
- Whiskys unabhängiger Abfüller, die in Deutschland nur wenig präsent sind
- Miniaturen, wenn es sich nicht gerade um Ardbeg, Springbank, Macallan, o.ä. handelt. Gerade zum Probieren von älteren Abfüllungen ideal.
- Nicht-Schottische Whiskys außer Japanern. Gerade deutsche, skandinavische, indische, französische Whiskys sind hier oft deutlich unter den üblichen Preisen zu bekommen.
- Nicht zu alte Standardwhiskys aus den 2000ern – Bis 15 Jahre, denn alles, was älter ist, ist allein deswegen sehr gefragt
- Grundsätzlich unabhängige Abfüllungen bis etwa 18 Jahre, wobei die Abfüllungen auch nicht vor mehr als 20 Jahren erschienen sein sollten, denn sonst wird es wieder mächtig teuer
- Blended und Vatted Malts – Eine der ganz wenigen Ecken, wo man fast immer „Schnäppchen“ machen kann, wenn man auch mal experimentierfreudig ist. Gerade alte Blends aus den 60ern/70ern/80ern sind kaum teurer als heutige Blends und bieten völlig andere, meines Erachtens sehr häufig auch bessere Geschmackserlebnisse.
- Bourbonfassreifungen bei whiskyauctions in Deutschland (Wir sind ein Sherryland)
- Sherrybomben auf den englischen Plattformen
Taktisch bieten oder einfach drauflos? Jeder wird da seine eigene Taktik haben oder entwickeln, aber meine sieht meistens so aus: wenn die Auktionen frisch laufen, gebe ich auf alles, was mich interessiert, ein sehr geringes Gebot ab, mit welchem ich zu 99,9% nicht erfolgreich bin. Im Laufe der Auktion bekomme ich dann immer wieder die automatischen Benachrichtigungen, dass ich überboten wurde und ignoriere diese. Meistens am vorletzten, manchmal auch am letzten Tag der Auktion schaue ich dann wieder rein und gucke bei all meinen ursprünglichen Geboten, wo die Auktion für diese Flasche derzeit steht. Ist der Preis für mich dann vertretbar, biete ich einen ernsthaften Betrag. Wichtig hierbei: die zusätzlichen Kosten im Blick behalten! Werde ich dann wieder überboten, dann steige ich meistens aus dem Rennen um diese Flasche aus. Meistens…… So ergibt sich dann manchmal was oder auch nicht. Es mag sicherlich andere und bestimmt auch bessere Taktiken geben, aber für mich ist das eine gute Mischung aus Aufwand und Ertrag, die sich eingespielt hat.
Andere investieren deutlich mehr Zeit, passen regelmäßig ihre Gebote an und bleiben dauerhaft am Ball. Wiederum andere schießen direkt am Anfang mit der großen Kanone um andere Bieter direkt abzuschrecken. Sucht euch was aus – Ich hab eher die faulste Variante gewählt.
Was man unbedingt beachten sollte Zusätzliche Kosten: auch wenn ich es schon dreimal geschrieben hab - es ist einfach essentiell: habt immer die Zusatzkosten im Blick.
Füllstände: guckt bei den Fotos der Flaschen unbedingt auf die Füllstände. Sind diese schon deutlich gesunken, ist das ein Zeichen dafür, dass der Geschmack des Whiskys sich gerade bei älteren Abfüllungen höchstwahrscheinlich deutlich verändert hat oder dass die Flasche undicht ist.
Old Bottle Flavour: wer eine Flasche kauft, die vor 20+x Jahren abgefüllt wurde, muss immer damit rechnen, dass diese den sogenannten Old Bottle Flavour entwickelt hat. Zusätzlich zu den normalen Aromen gibt es dann muffige Keller, Omas alten Kleiderschrank und nasse Bücher in Geruch und Geschmack. Das betrifft im wesentlichen Whisky ab 46% und weniger, tritt aber auch nicht immer auf – Ist also gerade bei alten Abfüllungen ein bisschen Glück oder halt Pech, wenn diese besondere Note hinzukommt. Das kann nämlich schön und passend sein, macht den Whisky aber manchmal auch einfach widerlich. Meine gefühlte Erfahrung sagt, dass der Old Bottle Flavour bei 5% aller alten Großflaschen vorkommt. Bei Miniaturen bei mindestens 25%. Vorsicht also, denn das muss man wirklich mögen.
Korken: ich kaufe nach einigen furchtbaren Erfahrungen keinerlei Abfüllungen von vor 2000 mehr, die Plastikkorken haben. Durfte nämlich feststellen, dass Whiskys, die 20+x Jahre mit einem Plastikkorken reagiert haben, zum Großteil nach dieser Zeit einfach ekelhaft waren, weil sie dessen Geschmack angenommen hatten. Das ist natürlich keine wissenschaftliche Studie sondern basiert nur auf meinen Erfahrungen, aber ich hab da einfach mehrfach echt ins Klo gegriffen.
Was kaufe ich denn nun auf Auktionen? Zum einen nutze ich Auktionen zum Kauf von Abfüllungen, die ich vor 2+x Jahren mal geleert und für sehr gut befunden habe, die ich aber bei den normalen Whiskyhändlern danach nicht mehr auftreiben konnte. Zum anderen gucke ich gerne nach älteren Abfüllungen von meinen Lieblingsbrennereien (Springbank, Lagavulin, Macduff, Teaninich, Tormore, Oban), die mir durch die Lappen gegangen sind oder die ich noch nie gesehen hab, weil sie nicht auf dem deutschen Markt erschienen sind. Blended und Vatted Malts hab ich immer nebenbei im Blick und wenn ich einen Single Malt ersteiger, „optimiere“ ich die Versandkosten gerne noch mit einem Blend. Auch ältere Miniaturen sowohl von Single Malts als auch von Blends rutschen immer wieder mit rein, gerade um Vergleichstastings „Alt/Neu“ machen zu können.
Fazit: Für mich sind Whiskyauktionen eine willkommene Alternative zu meinem Local Dealer und meinem Local Online Dealer, um meine Whiskyvorräte auf eine breitere Basis zu stellen. Dort finde ich die Flaschen, die ich halt entweder nicht bekommen habe, die auf dem deutschen Markt nicht präsent waren, die ich übersehen habe oder die von mir einfach leer getrunken wurden. Zusätzlich gibt es dort alte Abfüllungen von vor der Zeit als ich überhaupt Local Dealer hatte und alte Miniaturen, die mir die Gelegenheit geben, Whisky mal so zu trinken, wie er in diesem „früher“ war, von dem die alten Damen und Herren der Community immer so erzählen.