Was macht der mehr oder weniger versierte Tasting Notes-Schreiber, wenn er sich mächtig die Zunge verbrannt hat und daher ein paar Tage nix verkosten kann? Er ist entweder vorbereitet und hat noch unveröffentlichte Notes auf Halde (Nein) oder er setzt endlich mal das um, was er schon seit Wochen machen möchte und jetzt nur noch ausformulieren muss: Tier Lists zu den Brennereien der einzelnen Whiskyregionen (Ja). Gesehen hab ich Letzteres in Deutschland erstmals vor ein paar Monaten beim YouTube-Kanal von Whisky Tales (Übrigens eine klare Empfehlung von mir) und weil mir das dort so gefiel, mache ich das jetzt auch.
Vorab ist aber natürlich zu erläutern, nach welchen Kriterien ich die Brennereien in der Tier List aufgenommen und eingeordnet hab: aufgenommen wurden Brennereien, bei denen ich mich in der Lage fühlte aufgrund der Verkostung von genügend verschiedenen Abfüllungen zu beurteilen, ob mir der grundsätzliche Stil der Brennerei gefällt. Einzelne, durchaus sehr bekannte Brennereien wie Ardnamurchan oder Torabhaig oder andere fehlen daher in der Tier List ihrer jeweiligen Region, weil ich von denen halt einfach zu wenig oder sogar noch gar nichts probiert hab. Eingeordnet hab ich die Brennereien in die Tier List nach meinem ganz persönlichen, vollkommen subjektiven Geschmack und ich habe dabei wirklich nicht im Mindesten versucht, objektiv zu sein. An einigen Stellen sind zusätzlich auch noch sowas wie der Ruf oder das Marketing der Brennerei eingeflossen. Die Tier List gibt es dann immer als schönes Bild und darunter dann meine ganz kurzen, eingekürzten, knapp gehaltenen Kurzbegründungen zu den einzelnen Brennereien. In den einzelnen Kategorien sind die Brennereien dabei ganz neutral nach Alphabet geordnet.
Den Anfang machen die Lowlands, die eine von mir bisher nicht übermäßig beachtete Region ist, weil die wenigen Brennereien dort meine Aufmerksamkeit mit einer Ausnahme bisher nicht wirklich erregen konnten:
Gut:
Daftmill: ich bin tatsächlich ein ziemlicher Daftmill-Nerd und hätte die Brennerei vermutlich sogar in die oberste Kategorie eingeordnet, wenn eines nicht wäre: ihre Preise, die mir regelmäßig die Tränen in die Augen treiben und die deutlich dafür sorgen, dass ich weniger Daftmill zuhause habe, als ich gerne hätte. Das so herrlich fruchtig-leichte-florale und trotzdem markante Profil der Brennerei ist absolut mein Beuteschema für schöne Abende auf der Terrasse.
OK:
Ailsa Bay: ich hab von der Brennerei ein bisschen was probiert und das bisschen hat mich bisher nicht vom Hocker gehauen. Auch fällt mir eine Einordnung schwer, da Ailsa Bay ja mehrere verschiedene, durchaus unterschiedliche Rohbrände herstellt. Daher im Moment „ok“
Annandale: mal rauchig, mal nicht rauchig, fruchtig-malzig und bei mir bisher unter „nett“ abgespeichert. Ist aber noch eine junge Brennerei und das wird sich im Laufe der Jahre sicherlich noch ändern.
Bladnoch: lief bei mir lange unter „ausbaufähig“ und hat sich in den letzten Jahren in die Kategorie „Ok“ nach oben gearbeitet, weil die Abfüllungen inzwischen nicht mehr so belanglos sind und die Frühlingswiese und die feine Säure von Bladnoch wieder in den Vordergrund stellen.
Glasgow: die noch junge Glasgow-Distillery hab ich tatsächlich zweimal ausführlich im Zuge eines Blind Tastings erkundet und wusste beide Male nicht, Abfüllungen welcher Brennerei ich gerade verkoste. Meine Ergebnisse reichten von „nicht so meines“ bis zu „lecker“ und so scheint mir die Brennerei erstmal bei „Ok“ gut aufgehoben.
Kingsbarns: Auch noch sehr jung und im Profil fruchtig-grasig, dabei aber sehr unauffällig. Gerade noch „Ok“.
Rosebank: Auch eine geschlossene Brennerei kann in so einer Liste landen, wenn ich von dieser genug probiert hab. Blumig-kräutrig-süß war meistens mein Eindruck und dabei absolut unspektakulär. Keine Brennerei, der ich hinterhertrauere. 2023 hat nach grob 30 Jahren die Produktion wieder begonnen und ich bin gespannt, in welche Richtung sich die Brennerei bei mir so bewegt.
Ausbaufähig:
Auchentoshan: in meiner langen Zeit als passionierter Whiskytrinker hab ich mit dem alten „Blood Oak“ nur eine einzige Abfüllung von Auchentoshan gefunden, die ich als lecker empfand. Alles andere landete bei mir leider viel zu häufig in der „muss nicht sein“-Schublade, weil es so unglaublich wenig Aromen und Charakter hatte. Ich gestehe aber auch, dass ich Auchentoshan seit diesem verfestigten Eindruck nur noch sehr selten probiere. Vermutlich liegt es an dem 80%-Newmake und der Dreifachdestillation, was beides ja einige Grundaromen killt, dass mir Auchentoshan einfach nicht liegt.
Glenkinchie: was ich an Glenkinchie bisher probiert hab, fiel bei mir unter „Ode an die Langeweile“: sehr nichtssagend, eher ausdruckslos und schlicht. Überzeugt mich seit Jahren nicht.
Lindores Abbey: diese so junge Brennerei so weit unten einzusortieren, ist vermutlich fast ein wenig unfair, aber was ich von dort probiert hab, empfand ich bisher als irgendwie bieder und schwunglos, einfach zu weich. Das ist schade, weil ich den Ansatz und auch das Marketing der Brennerei bisher sehr angenehm finde und hoffe, dass die demnächst dann älteren Abfüllungen den Whisky auf einen Weg bringen, der mir besser gefällt.
Teil II findet ihr hier: Islands
Teil III ist hier: Highlands
Teil IV: Campbeltown
Teil V: Islay
Teil VI: Speyside