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SMWS Blind Tasting 04.03.2020

8. März 2020

SMWS Blind Tasting 04.03.2020 - Whiskyspirits Frankfurt

Am Mittwoch, den 04.03.2020 habe ich meine Jungfräulichkeit verloren. Jedenfalls meine SMWS-Jungfräulichkeit, denn ich war noch nie auf einem SMWS-Tasting und bin auch kein SMWS-Mitglied. Glaube halt einfach, dass es so viele unabhängige Abfüller gibt, die ich entdecken kann, dass ich keine Mitgliedschaft bei einem weiteren Abfüller brauche, auch wenn der bestimmt haufenweise tolle Abfüllungen hat.

Auf einer mehrtägigen Dienstreise nach Frankfurt begab ich mich an einem Dienstag Abend auf Whisky-Sightseeingtour und landete in Gregor Haslingers Shop „Whiskyspirits“. Vor etwa zwei Wochen hatte ich Gregors Besuch bei Whisky Jason gesehen und gedacht: da muss ich mal hin. Im Laden fachsimpelte ich dann länger mit Thomas von Whiskyspirits, probierte einige Drams und erwarb nachher einen schönen MacDuff. Gerade als ich gehen wollte, sagte Thomas „......und morgen haben wir hier ein Tasting im Laden. Nur eine kleine Runde, weil zeitgleich die Eintracht spielt. SMWS. Als Blind-Tasting. Könnte man noch über die SMWS-Website buchen.“ Ich hatte selbst als Nicht-Mitglied keine Wahl, oder?

Am nächsten Abend stolpere ich um kurz vor 20 Uhr wieder in den Laden, der sich nach und nach mit den insgesamt nur acht Teilnehmern, Thomas und Gregor füllt. Abgesehen von mir kennt sich die gesamte Runde ganz offensichtlich seit langer Zeit und so befinde ich mich gleich in einer heiteren Gesellschaft, die vertraut rumblödelnd, tiefenentspannt und mit vielen Insiderwitzen miteinander umgeht. Als bekennender Werder-Fan füge ich mich ideal in die Runde der ganzen Eintracht-Fans am Tisch ein und ernte den Abend über die vertraute Mischung aus Spott und Mitleid, aber genau das sorgt dafür, dass ich mich in der Runde wohl fühle.

Auf dem Programm namens „In the mood for Whisky“ stehen sechs SMWS-Abfüllungen, die wir uns gemeinsam im Blind-Tasting erarbeiten, einzig Gregor weiß, was wir im Glas haben. Es gilt der Reihe nach, die Drams in die allen außer mir bekannten SMWS-Geschmackskategorien einzuordnen, Fassart, Alter, Region und idealerweise sogar die Brennerei zu bestimmen. Wie bei jedem Blind-Tasting blamiert sich jeder dabei gewohnt aufs kräftigste und wir haben viel zu lachen. Insbesondere die Vorträge der offiziellen Tasting Notes durch Gregor lassen mich das ein oder andere Mal daran zweifeln, ob ich gerade wirklich den entsprechenden Dram im Glas hatte.

Als erstes gab es die Nummer 58.34 „Napping in a larder“ („Ein Nickerchen in der Speisekammer halten“) einem achtjährigen Strathisla aus dem Bourbon Barrel. Ein klassischer, aber eher unauffälliger Dram, der im wesentlichen durch seine klaren und eindeutigen Bourbonnoten überzeugt. Nicht herausragend, aber als Daily Dram mit Wasserspielen gut geeignet. In der am Ende unter den Teilnehmern durchgeführten Abstimmung zum „Whisky des Abend“ erreicht dieser Whisky den Sieg, was mich dazu veranlasst, ihn noch ein zweites Mal zu probieren, um rauszufinden, ob ich beim ersten Mal irgendwas nicht mitbekommen hab. Aber: keine Änderung meiner Einschätzung. Es bleibt gesunder Durchschnitt.

Die Nummer zwei erweist sich mit der Nummer 10.184 „Brittle Royale“ als vierzehnjähriger Bunnahabhain aus dem Bourbon Barrel, bei dem niemand in der Runde darauf kommt, dass es sich um einen Bunnahabhain handeln könnte. Aus meiner Sicht: scharf und langweilig. Allerdings hätte der Dram vermutlich mehr Ruhezeit im Glas gebraucht, als die Zeit die man sich bei einem Tasting nehmen kann. Ich glaube, nach dreißig Minuten im Glas hätte ich den komplett anders bewertet. Wenn man „Brittle Royale“ mit „Spröder Drink“ oder „Zerbrechlicher Drink“ übersetzt, beschreibt es ihn schon ganz gut.

Der dritte Dram im Bunde hatte die Nummer 112.41 „Tart fruit crumble“ und erwies sich als zehnjähriger Inchmurrin aus einem Charred Hogshead. Dieser trug die unverkennbaren Inchmurrin-Noten ala blumige, grasige Apfelsüße kombiniert mit der Vanille aus dem Bourbonfass sowie leichte Röstaromen in sich, was ihn für mich zum zwar leichtesten aber auch rundesten und letztlich besten Whisky des Abends machte.

An vierter Stelle kam nach einer kurzen Schmalzbrotpause das erste Finish des Abends: 46.84 „Velvet complexity“, ein siebzehnjähriger Glenlossie aus dem Bourbonfass mit Oloroso Finish. Letztlich eine mächtige Sherrybombe, die nur preisgab, dass sich ein eher weiches Grunddestillat unter dem Sherry versteckte. War leider nicht meins.

Es folgt als Fünfter in der Reihe wieder eine Abfüllung mit Finish: 95.31 „Slivovitz, rumtopf and Black Forest gateau“ (Slivovitz, Rumtopf und Schwarwälderkirschtorte), ein zehn Jahre alter Auchroisk aus einem Bourbonfass mit anschließendem, einjährigen Finish im First Fill Barrique. Ein Dram für die Naschkatzen unter den Whiskytrinkern: süß, sehr süß, überladen mit Rotweinnoten, beinah ein wenig klebrig. Dazu viel Vanille und Eichenwürze. Ja....ok. War ok.

Ganz zum Schluss ging es erstmalig in die rauchige Ecke: 66.162 „A true harmony of flavours“, ein dreizehnjähriger Ardmore aus dem Bourbonfass mit Finish in einem Second Fill Barrique. Niemand in der Runde hat herausgeschmeckt, dass es ein Rotweinfinish gab und auch die Farbe des Drams gab das nicht her, daher war die Überraschung groß. Ansonsten ein relativ klassischer Ardmore mit kaltem, aschigen Rauch, Nougat, Karamell und einer undefinierbaren Fruchtigkeit. Sehr ordentlicher Dram.

Am Ende konnte jeder nochmal einen der Drams des Abends nachgeschenkt bekommen, was auch alle nutzen. Bei mir war es, wie oben geschrieben, der Strathisla, weil der die Abstimmung über den Whisky des Abends gewonnen hatte. Wenn ich es richtig im Kopf habe, war die Stimmverteilung „Strathisla 3 Stimmen, Bunnahabhain 2 Stimmen, Ardmore 2 Stimmen, Glenlossie 1 Stimme, Inchmurrin 1 Stimme“, Auchroisk 0 Stimmen“.

Ganz zum Abschluss kam Gregor plötzlich noch mit einem weiteren Dram um die Ecke, den es ebenfalls blind zu verkosten galt: der geplanten Messeabfüllung für die „Whisky Time Frankfurt“ vom 13.03. bis 14.03.: ein elfjähriger MacDuff aus dem Sherry Butt, der die ideale Sherrybombe, für Leute die keine Sherrybomben mögen, ist. Staubtrocken, herb, fruchtig, schwer und mit Espresso-Noten. Wenn der mit in der Tasting-Abstimmung gewesen wäre, hätte er bei mir gewonnen. Großartiger Dram, den ich unbedingt nochmal probieren muss, wenn ich in den dreieinhalb Stunden vorher nicht schon sieben andere Drams getrunken hab. Der ist weit vorne auf meiner „Muss ich mir ein Sample besorgen“-Liste.

Als Fazit gilt: mir hat das Tasting einen unheimlich großen Spaß gemacht. Insbesondere die lockere Vertrautheit der ganzen Runde, die mich einzigen Fremden und dann auch noch Werder-Fan super aufgenommen hat, hat den Abend schon mal deutlich hervorgehoben. Aufgrund der Stimmung waren die Whisky gar nicht mal mehr so wichtig. Es wurde sich nebenbei über andere Drams ausgetauscht, keiner hielt seine Meinungen oder Ideen im Blind Tasting zurück und Gregor musste uns mehrfach mit einem „Seid doch nicht so albern“ ermahnen, um dann eine Minute später selber nicht ganz jugendfrei rumzublödeln. Schön war es und wenn ich mal wieder in Frankfurt bin, werde ich vorher die Eventseite der SMWS checken.

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