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Neujahrstasting "Schall & Rauch"

3. Januar 2020

Neujahrstasting "Schall und Rauch"

Wenn man am 01.01. schon zu wissen glaubt, gerade das „Tasting des Jahres“ hinter sich zu haben, dann hat man irgendwas richtig gemacht. Zweimal im Jahr treffen wir uns in größerer Runde zu einem Blindtasting mit Motto und traditionell liegt eines dieser Treffen an Neujahr eine Stunde nach Mitternacht, zur Feier des ersten Tages im neuen Jahr an dem wir Whisky trinken.

Das vorher gemeinsam festgelegte Motto lautete diesmal „Schall und Rauch“. Aufgabe der Teilnehmer war es natürlich zum einen festzulegen, warum ihr persönlicher Whisky in diese Kategorie passt, und zum anderen für den eigenen Whisky einen musikalischen Hinweis mitzubringen und während des Tastings abzuspielen.

Zu Beginn des Tastings hatten wir also elf versteckte Whiskys inklusive Musik und wie üblich bestimmten wir die Reihenfolge mit einer eigenen Einschätzung „Auf welcher Skala von 1 bis 10 nach Stärke, Rauch, usw. würdet ihr euren Whisky einsortieren?“. In den letzten Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass das meistens eine erstaunlich sinnvolle Reihenfolge abgibt, auch wenn man im Nachhinein hie und da mal etwas anders machen würde.

Das Ergebnis war folgendes, zu diesem Zeitpunkt natürlich noch unbekanntes, Lineup mit entsprechender Musik:

1. Macallan Concept No.2 - „Sweet Apocalypse“ von Moby
2. MacKinlay’s Shackleton - “Welcome Sailor” von The Imagined Village
3. Oban Bay Reserve „The Night‘s Watch“ - „The Night‘s Watch“ von Ramin Djawadi
4. Glenfiddich Fire & Cane - „Sugar and Spice“ von The Searchers
5. Dalmore 13 Jahre - Pomerol Red Wine Finish - „Eine dicke Zigarre“ von Matthias Seuffert
6. Cadenhead’s Glen Moray/Glenlivet Sauterne Single Cask 23 - „Thomas O‘Winesbury“ von Mr McFall‘s Chamber
7. Ballechin 11 Jahre - Bordeaux Cask - „Lucky Ball and Chain“ von They Might Be Giants
8. Glen Scotia 15 Jahre - Rum Cask Finish - „Mull of Kintyre“ von Paul McCartney
9. Lagavulin Islay Jazz Festival 2016 - Wird nachgeliefert
10. Lagavulin 16 - “The Gael Northwest” von Dougie MacLean
11. Talisker 10 - “Ready for the Strom” von Dougie MacLean

Ich versuche mich hier mal in Tasting Notes und in den Begründungen der Teilnehmer für ihre Musikauswahl, auch wenn ich gestehen muss, dass meine Notes im Laufe der frühen Morgenstunden immer schwammiger werden.

Macallan Concept No.2

Eigentlich erst ab Anfang Januar offiziell im Travel Retail verfügbar, hatte ein österreichischer Flughafen das verpennt und den neuen Macallan Concept No. 2 bereits an Weihnachten in den Laden gestellt. Der Whisky Maker Steven Bremner, der den Concept No. 2 geschaffen hat, ist nebenbei als House-DJ tätig und diese Abfüllung ist angeblich so zusammengestellt wie er auflegt. Die Flasche sprang bei dem gesetzten Motto einen natürlich direkt an und wurde extra für das Tasting erworben. Da von Steven Bremner leider keine Tracks aufzutreiben waren, musste der gute alte Moby mit seinem Track „Sweet Apocalypse“ herhalten. Abgefüllt wurde der Whisky in sanfter Trinkstärke von 40%.

Notes:

Der Macallan Concept No.2 ist ein süffiger, leichter Opener mit zuerst starken Zitronennoten, die aber schnell verfliegen und Aprikose, Vanille und Eiche Platz machen. Auf der Zunge hat er eine leicht pfeffrige Schärfe, Karamell und Kirschen. Der Abgang ist sehr kurz und sehr unspektakulär.

Fazit:

Keiner in der Runde hat den Dram als Macallan erkannt. Die allgemeine Einschätzung sagte eher Lowland-Whisky. Er ist im besten Sinne nett, aber unspektakulär und zumindest in meinen Augen den aufgerufenen Preis nicht wert.

MacKinlay‘s Shackleton

Die Shackleton-Expedition in die Antarktis in den Jahren 1907 bis 1909 nahm diverse Flaschen Whisky des „MacKinlays Rare Old“ mit auf ihre Fahrt, musste einen Teil hiervon aber zwischendurch in einem Depot auf dem Eis zurücklassen. Nachdem diese 2007 gefunden wurden, kamen Whyte & Mackay auf die Idee, den heute nicht mehr erhältlichen Whisky nachzuempfinden und stellte dafür den MacKinlay‘s Shackleton Blend aus Highland Whiskys zusammen. Untermalt wurde dieser Dram im Tasting von einem Seemanns-Shanty aus dem Jahre 1906, der also damals auf der Expedition vielleicht zu diesem Whisky sogar gesungen wurde.

Notes:

Pfirsich, Trockenfrüchte, minimaler Rauch und sehr jung. Bei der Geschichte hätte ich etwas kräftigeres, wärmendes erwartet und nicht diesen recht dünnen, jungen Dram.

Fazit:

Auch hier war die Runde beim gemeinschaftlichen Raten eher bei einem Lowland-Whisky, auch wenn das bisschen Rauch im Dram nicht zu dieser Einschätzung passte. Einen Blended Highland haben wir so gar nicht erkannt.

Oban Bay Reserve - The Night‘s Watch

Passenderweise wurde dieser Dram natürlich untermalt vom Original-Soundtrack der Night‘s Watch aus Game of Thrones. Die ganze Runde konnte den Track grundsätzlich sofort der Serie zuordnen und kramte mit heiterem Quizniveau in ihrem Gedächtnis, wem in der Serie diese Musik nun genau gewidmet war. Zusammen mit den Notes des Whisky selber gelang es uns aber nicht, diesen Dram als Oban zu entlarven. Clynelish und Singleton waren eher in der Verlosung.

Notes:

Viele Früchte in Mund und Nase, Minze, Karamell, Gewürze und Schokolade. Insgesamt sehr weich und dünn, als wäre er viel zu weiter runterverdünnt worden.

Fazit:

Tja. Hmm. Geht so. Der hat von allem etwas und insgesamt sehr viel schöne Komponenten, die sehr gut zusammenpassen, aber gleichzeitig hat er von allem zu wenig um irgendetwas auszusagen oder in Erinnerung zu bleiben. Irgendwie langweilig.

Glenfiddich „Fire & Cane“

Ein Glenfiddich mit Rum-Finish aus 2019 abgefüllt mit 46 %. Der musikalische Tipp sollte mit „Sugar and Spice“ von den Searchers hier deutlich auf den Rum hinweisen, was allerdings nicht funktionierte. Wir waren alle eher bei einem Madeira-Finish, hatten mit diesem Dram aber trotzdem viel Spaß beim Raten.

Notes:

Ein süßer Dram mit vielen Zitrusnoten, weißen Trauben und Kaffee, dazu der Geruch einer Lederjacke am Tag nach dem Lagerfeuer. Birne und Zimt kommen irgendwann noch durch. Mittellanger Abgang mit Eiche, Malz und Zimt.

Fazit:

Nach der Auflösung konnte sich niemand in der Runde erklären, wieso wir alle ein Madeira-Finish vermutet hatten. Wenigstens einen Speysider hatten wir alle richtig getippt, uns aber auf BenRiach und Benromach eingeschossen. Insgesamt ein schöner Whisky mit Potential, der mehr als die 46%, mit denen er in die Flaschen gewandert ist, verdient hätte.

Dalmore 13 Jahre - Pomerol Red Wine Finish

In meinem Blog hab ich den an dieser Stelle bereits ausführlich besprochen: LINK.

Der Song, der als Hinweis dienen sollte, war ein altes Jazzstück von Matthias Seuffert mit dem Titel „Eine dicke Zigarre“ und sollte über die Assoziation „Zigarre“ natürlich über den „Cigar Malt“ zu Dalmore führen. Leider ist absolut niemand drauf gekommen, denn die gesamte Runde war sich einig, dass der Whisky eine leichte Rauchnote enthielt, die niemand Dalmore zugeordnet hat.

Cadenhead’s Glen Moray/Glenlivet Sauternes Single Cask 23 Jahre

In „Thomas O‘Winesbury“ von Mr McFall‘s Chamber geht es um eine französische Prinzessin, die sich in einen Schotten verliebt, was hier der Hinweis auf das französische Sauternes-Finish sein sollte.

Notes:

Süß, kräftig, weinig, würzig. Viel Eiche, Grapefruit, Honig und Muskat. Fassstärke deutlich spürbar, schmeckt deutlich jünger als er ist. Lang, würzig und schwer am Gaumen.

Fazit:

Auf 23 Jahre hat den keiner geschätzt und wir waren aufgrund seiner kräftigen Würze auch bei einem Highland-Dram, aber geschmeckt hat er uns allen. Trotz Fassstärke kein Wasser reinmischen, denn dann kann man auch gleich ein Eichenbrett auslutschen.

Ballechin 11 Jahre - Bordeaux Cask

Bei diesem von Signatory mit 55,7% abgefüllten getorften Edradour verdiente sich der Tippgeber durch seinen musikalischen Hinweis einen Beitrag an die "Schlechte Wortspiel"-Kasse, als er mit „Lucky Ball & Chain“ von They Might Be Giants an den Start ging.

Notes:

Stachelbeere, Orangenzeste, eine kräftige Süße und aschiger Rauch. Später pfeffrig, mit deutlich erkennbarer Fassstärke und Eiche, die Süße nur noch im Hintergrund. Mittellanger Abgang mit kalter Zigarette.

Fazit:

Durch seinen kräftigen Antritt hatten wir uns in der Blindtasting-Runde alle zu einem Loch Lomond- oder Insel-Whisky als Tipp hinreißen lassen, auf Ballechin kam trotz des ähm... einfachen Tipps niemand. In Geruch und Mund fand ich den super, im Abgang war er bei mir nur noch eine alte, kalte Zigarette. Mit Wasser war dann der Abgang gut, Geruch und Mund aber nur noch Durchschnitt. Zwei weitere aus der Runde teilten meine Assoziation, der Rest aber sagte „Großartiger Whisky“.

Glen Scotia 15 Jahre - Rum Cask Finish

Durfte noch einen zweiten Whisky zu dem Tasting beisteuern, den ich hier schon ausführlich besprochen habe: LINK.

Da Subtilität nicht zu meinen Stärken gehört, gab es „Mull of Kintyre“ von Paul McCartney als Tipp, so dass die Runde natürlich sofort auf Campbeltown kam. Bei der richtigen Brennerei landeten sie allerdings nicht und votierten hier für einen Springbank. In einem geplanten Tasting hätte man den Glen Scotia in der Reihenfolge mit dem Ballechin von davor tauschen müssen.

Lagavulin - Islay Jazz Festival 2016

Ums Verrecken kann ich meinen Erinnerungen hier den genau musikalischen Tipp nicht mehr entnehmen. Es handelte sich um ein peppiges Jazzstück einer Sängerin mit sowas wie „It‘s Jazz“ (o.ä.) im Refrain. Sobald ich hier eine Rückmeldung vom Tippgeber habe, werde ich das anpassen. Zufälligerweise hatte ich diese Abfüllung vor zwei Wochen schon einmal probiert und der Tipp half meinem Gehirn sofort auf die Sprünge, so dass dieser Dram als einziger des ganzen Abends erkannt wurde. Reiner Glückstreffer allerdings.

Lagavulin mit 54,5% angeblich zusammengestellt aus 75% 15-jährigem und 25% 8-jährigem.

Notes:

Der ist mal so richtig lecker, kräftig und rund. Deutliche Rauchnase mit Zitrusnoten, Äpfeln und einer Frühlingswiese auf der viele erfrischende Kräuter blühen. Banane, Pfeffer, Kaffee und Torf im Mund, im Mittellanger Abgang Eiche und Kaffee.

Fazit:

Großartig. Mein persönlicher Whisky des Abends. Unter 200 € bestimmt nicht mehr zu bekommen, aber ich muss versuchen, zumindest noch ein Sample aufzutreiben.

Lagavulin 16

Der ganz einfache Lagavulin 16. Jeder in der Runde hat ihn zuhause stehen und absolut niemand hat ihn erkannt. Ok, es war Dram Nr. 10 und er kam direkt nach einem anderen Lagavulin, dem er nicht allzu ähnlich ist, aber trotzdem hätte man eigentlich drauf kommen müssen. Der musikalische Tipp „The Gael Northwest” von Dougie MacLean sollte das Gefühl beim Trinken eines Lagavulin darstellen und war mit seinen maritimen Klängen letztlich absolut passend, wenn wir nicht so blind in der Gegend rumgeraten und es am ehesten für einen Kilchoman oder einen Caol Ila gehalten hätten.

Zum Lagavulin 16 als absolutem, vermutlich jedem bekannten, Klassiker verzichte ich auf Tasting Notes.

Talisker 10

Wie es dieser Malt ans Ende des Tastings schaffen konnte? Wenn ein Nicht-Rauchtrinker diesen als ganz extrem rauchig einschätzt halt. Hätte vor dem Ballechin kommen müssen. Der musikalische Hinweis „Ready for the Storm” von Dougie MacLean (zufälligerweise der selbe Komponist wie zum Tipp davor) sollte über den Hinweis „Storm“ zu Talisker führen. Hat aber leider nicht geklappt, da der Talisker bei den inzwischen voll auf Torf eingestellten Nasen und Zungen ein wenig unterging. Sinnvolle Tasting Notes waren hier daher nicht mehr drin.

Fazit insgesamt:

Ein wunderschönes Tasting in großartiger Gesellschaft mit kreativen Musiktipps und neugierig funkelnden Augen bei jedem neuen Dram und jedem neuen Musikstück sowohl bei den Ratenden als auch beim Whiskymitbringer und Hinweisgeber. Freue mich jetzt schon auf unsere Sommerrunde, die bisher unter dem Motto „Rare Tracks and B-Sides“ laufen soll, aber das ist noch nicht endgültig entschieden.







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