Nc‘Nean - Batch #2, Batch #3, Batch #4
Nc‘Nean ist ja so ein bisschen der neue coole Typ in der Stadt, der alles ein bisschen anders macht: Alles biologisch angebaut, 99,97% aller Abfälle werden wiederverwertet, sämtlicher Strom kommt aus erneuerbaren Energien und die Flasche ist aus vollständig recyceltem Glas. Rein auf die Umwelt geschaut, gilt hier sicher: absolut vorbildlich.
Die Nc‘Nean-Brennerei liegt auf einer Halbinsel im Nordwesten Schottlands, wenn man den Sound of Mull kreuzt etwa gegenüber von Tobermory, brennt erst seit 2017 und hat, was leider noch selten für Whisky-Brennereien ist, mit Annabel Thomas eine Frau an der Spitze. Vor mir in den drei Glencairn atmen Batch #2, Batch #3 und Batch #4 der offiziellen Nc‘Nean-Abfüllungen vor sich hin, denen allesamt gemein ist, dass sie knapp über drei Jahre alt und eine Mischung aus 65% STR Red Wine Casks und 35% Bourbon Casks sind, die mit 46% Alkoholgehalt abgefüllt wurden.
Ich mache mich heute also einfach mal an den Vergleich dieser drei Batches und bin selber sehr gespannt. Was vorher noch unbedingt erwähnt werden muss: die Flasche ist sowohl in der Optik als auch in der Haptik ein Kracher.
Aroma:
Batch #2: Mandarine, Johannisbeere, Mango und Hubba-Bubba decken die fruchtige Seite des Drams ab, Heidekräuter, frische Schnittblumen, Limetten und Tannine kümmern sich um die herb-säuerliche Seite. Am Anfang sind noch junge Äste dabei, die aber mit der Zeit verschwinden.
Batch #3: Im direkten Vergleich zum Batch #2 ist er vor allem erstmal schüchtern und zurückhaltend. Gefühlt muss ich meinen Zinken bis zum Anschlag ins Glas stecken, um ihm Noten zu entlocken. Dann kann ich aber sagen: er ist im Geruch dem Batch #2 zu 100% ähnlich, aber hat dabei von allem weniger.
Batch #4: Hier hab ich als Erstes eine deutliche Kräuternote wie Eukalyptus und Majoran. Wenn man daran vorbei ist, gibt es wieder ordentlich Früchte wie Pfirsich, Mirabelle und grüne Äpfel, aber auch Zitronengras, frisches Heu, klebrigen Honig und soeben abgesägte Äste.
Geschmack:
Batch #2: Ölig und herb mit leichter Ingwerschärfe meldet meine Zunge sofort zurück. Ich lutsche an einem Stück Holz, welches mit grünen Trauben eingerieben wurde. Espresso, Nougat, Vanille und eine dunkle Kirsche kommen im zweiten Schluck hinzu und er wird dadurch deutlich gefälliger. Später gibt es dann noch dickes, grünes Gras und Schiefer.
Batch #3: Gerade durch den Vergleich mit Batch #2 direkt vorher wirkt er unglaublich mild, trocken und cremig. Es gibt zwar wieder eine gewisse Schärfe, die diesmal allerdings eher im Hintergrund lauert. Die herben, dunklen Noten des Batch #2 sind alle wieder da, aber müssen sich die erste Reihe mit grünen Äpfeln, Vanillepudding, Anis und überreifen Aprikosen teilen.
Batch #4: Eindeutig das mildeste Batch der Drei. Wirkt fast ein wenig dünn. Wie schon in der Nase gibt es jede Menge Kräuter, die ich diesmal aber nicht zuordnen kann. Als hätte jemand einfach von jedem Kraut etwas genommen und zu einem Strauß gebunden, so dass nichts mehr raussticht. Dazu kommen Mirabellen, Pfeffer, süßer Honig und staubtrockener Rotwein.
Abgang:
Batch #2: Eher kurz mit Tannennadeln, Birkenzweigen, Kardamom, Schokolade und angebranntem Kaffee. Leichte Eichennote
Batch #3: Wieder eher kurz, dazu trocken und warm, mit Anis, Eiche und bitterer Orangenmarmelade.
Batch #4: Auch wieder eher kurz und so trocken, dass es die Wangen nach innen zieht. Tannine, Röstaromen, Muskatnuss.
Fazit:
Wenn ich nur Batch #2 gehabt hätte, weiß ich nicht, ob ich mir danach die anderen noch gekauft hätte, denn das Batch finde ich einfach nicht gut. Viel zu viel Holz, bitter und jung. Batch #3 macht es da schon deutlich besser, weil es so viel schüchterner ist und Früchte durchkommen lässt. Batch #4 ist für mich der klare Sieger des Vergleichs: Kräuter, Früchte, weniger jugendlich-wild als fast ein bisschen abgeklärt und sehr schöne eingepasste Tannine. Der Weg von Nc‘Nean wird spannend und ich bin mir bereits jetzt sicher: ein Jedermann-Whisky wird das nicht.