Mistress for X-mas - La Famiglia Nostra
Seit ich das Sample der Weihnachtsabfüllung 2016 namens „Mistress for X-mas“ der La Famiglia Nostra (ab nun mit „LFN“ abgekürzt) hier stehen habe, summt in meinem Ohr mal mehr und mal weniger laut AC/DC mit ihrem Song „Mistress for Christmas“ vor sich hin, daher muss ich diesem Dram einfach mal weit außerhalb von Weihnachten nachgeben, damit ich endlich den Ohrwurm los werde.
Da das Album „Razors Edge“ von AC/DC für mich sowas wie ein musikalisches Erweckungserlebnis war, als ich es mit 14 Jahren im Auto meiner damaligen Trainerin auf Kassette zum ersten Mal hörte, war schnell ein Plan gefasst: Dram einschenken, Album an und den Whisky bis Track 5 „Mistress for Christmas“ atmen lassen, dann während des titelgebende Stücks verriechen, während des restlichen Albums genießen und die Notes schreiben......und dann artete es aus. Ich hoffe, ihr steht es bis zum Ende durch.
Vorher:
Wo ist eigentlich meine „Razors Edge“-CD? Irgendwo in diesem alten CD-Regal muss sie doch sein. Früher war das mal sortiert, jetzt ist es so übersichtlich wie die Zimmer meiner Kinder. Aber nach nur zwanzig Minuten suchen, hab ich die Hülle gefunden und reingesehen: ganz schön zerkratzt die CD - ob die es noch tut? Nicht mehr so richtig. Also doch über Deezer. Schnell den Dram einschenken und Foto machen.
Track 1: „Thunderstruck“
Sobald dieses grandiose Riff erklingt, packe ich gedanklich meine Luftgitarre aus, dann stimme ich in den Chor ein, schüttel die verbliebenen Haare und lasse regelmäßig „Thunder“ erklingen. Meine Familie quittiert dies aus dem unteren Stockwerk mit Begeisterung („Muss das so laut?“, „Papa, ich kann meine Teufelskicker kaum noch hören...“). Wie ein Donnerschlag traf mich nicht nur dieses Lied, sondern damals auch der „Don of the Isles“ Batch 3 von LFN. Ein Heavily Peated Islay aus einem First Fill PX Demi Fût. Eine absolute Empfehlung und mein Beginn einer Entdeckungsreise durch die Abfüllungen der LFN. Hier wird schottischer New Make oder Whisky in eigenen Fässern höchst kreativ nachgereift und darf sich daher nicht Whisky nennen.
Track 2: „Fire your Guns“
Mit ordentlich Tempo treibt der Song voran und auch den kann ich erstaunlicherweise noch auswendig. Ok, der Text ist nicht schwierig oder tiefsinnig, aber trotzdem. „Wild beast, I‘ll make you mine. Taste your kiss, sweets lips divine“ geht es am Anfang, was auch gut auf das Sample in meinem Glencairn passt: der „Mistress for Christmas“ ist ein Heavily Peated Islay mit Süßwein Finish, abgefüllt mit 56%, also durchaus ein „Wild beast with sweet lips“.
Track 3: „Moneytalks“
Fast eine Popnummer. Hatte vergessen wie gesellschaftsfähig dieses Stück ist, aber das Riff ist auch hier einfach grandios. Über „Money“ muss man bei Abfüllungen der LFN auch immer ein bisschen reden, denn günstig sind die nie. Meistens in 350ml-, selten auch mal 500ml-Flaschen mit tollem Design hat man hier einen Whisky, der sich nicht Whisky nennen darf, häufig ein unbekanntes Alter hat, nur in Kleinstauflage erscheint und im Fachhandel nur mit Glück zu kriegen ist, wodurch er sehr selten unter 65 € pro Flasche, eher bei deutlich mehr liegt. Wir sind bei den LFN-Abfüllungen also immer bei Luxusprodukten, die sich nicht jeder leisten will und kann. Ich will.
Track 4: „Razors Edge“
Langsamer, gesetzter, für AC/DC fast düster treibt dieser Song dahin, zeigt aber die erstaunliche Qualität, die die Band auf diesem Album hat, denn sonst haben die australischen Hardrocker immer eine Menge Ausschussware auf ihren Alben. Hier nicht. Nach meinen Erfahrungen tanzen die Abfüllungen der LFN häufig auf der Rasierklinge, waren bisher aber immer so ausbalanciert, dass sie nicht runtergefallen sind. Ich bin gespannt, wie es bei diesem Dram ist. Süßwein ist bei mir ja immer sehr schwierig.
Track 5: „Mistress for Christmas“
Saubere Rocknummer, ein kleines Jingle Bells für Erwachsene. „Jingle Bells, Jingle Bells, Jingle all the day. I just can‘t wait till Christmas time, when I can grope you in the hay“. Das ist der jugendfreie Teil. Was kann unsere Mistress denn nun in der Nase? Rauchig, dabei aber eher dreckig als aschig, fast ein brennender Kuhstall. Dazu eine Note bittere Orangenmarmelade mit Honig, Kirschen und Himbeeren. Vanille.
Track 6: „Rock your heart out“
Eine groovige Hymne, ich schüttel wieder die letzten Haare und singe zur großen Freude meiner Familie tapfer mit. „Got the devil in you“ beginnt das Stück und das trifft auch ein bisschen auf die Mistress in meinem Glas zu, denn sie hat unter all ihrer schweren Süße auch eine kräftige Alkoholnote. Die Abfüllung hat zwar nur 56%, aber die zeigen sich deutlich, allerdings scheinen sie einfach in dieses gesamte Aroma zu gehören.
Track 7: „Are you ready“
Langsam geht das Stück los, aber dann bricht es ordentlich aus. Nicht perfekt, aber immer noch eine schöne Uptempo-Nummer. Ich bin natürlich auch ready. Hell Yeah, ready für die Mistress. Staubtrockener heftiger Rauch legt sich auf meine Zunge. Dazu schwere, dunkle, vollgesogene Früchte. Spannenderweise verbleibt der Dram auf der Zunge und breitet sich kaum im Mund aus. Richtung Gaumen begibt er sich erst im Abgang.
Track 8: „Got you by the balls“
Etwas ruhiger als die Vorgänger, aber ganz klassisch AC/DC. Einfach gut. „She got you by the balls“ singt Brian Johnson hier im Refrain und auf die Mistress im Glas passt das auch: Zusätzlich zu dem Rauch und den Früchten bringt sie kräftig, pfeffrigen Alkohol mit, der mit Honig, Eukalyptus, Nüssen und einem Eichenbrett angereichert wurde. Das ist mächtig lecker.
Track 9: „Shot of love“
Einfach. Rockig. Mit vollem Elan herausgehauen, ohne Gefangene zu machen. „I warn you, it‘s the best shot of your life“ heißt es im Text. Das ist für die Mistress zwar etwas übertrieben, aber auch der Abgang lässt für einen Torfkopp wie mich nichts zu wünschen übrig: Pfeffer und kalter Lagerfeuerrauch bleiben lang am Gaumen kleben, ein Pelz legt sich in den Mundraum und bittere Eichenwürze geht zusammen mit einer Zitrusnote dem Ende entgegen.
Track 10: „Lets make it“
Für mich einer der besten Tracks des Albums: das Tempo wird herausgenommen, ein bisschen Blues eingestreut, es fließt rockige Coolness aus den Boxen. „Hey sugar baby, so hot and tasty“ heißt es am Anfang und dem kann ich im Fazit nicht viel hinzufügen. Die Mistress ist mal richtig lecker. Das Süßweinfinish macht sich wenig, aber dafür sehr positiv bemerkbar. Heavily Peated dominiert, trotzdem ist der Dram absolut sauber und rund, mit Ecken und Kanten an den richtigen Stellen. Die Mistress kratzt, sie beißt und sie kuschelt. DIe will ich zu Weihnachten.
Track 11: „Goodbye & Good riddance to bad luck“
Was zum mitgröhlen, hat es aber schwer nach dem Track davor. Auch von mir ein „Goodbye“, denn wer bis hierhin gelesen hat, war wirklich tapfer. Und von dem Pech, diese Mistress erst jetzt im Glas gehabt zu haben, verabschiede ich mich gerne.
Track 12: „If you dare“
Das schlechteste Stück des Albums, aber na gut. Höre ich halt nochmal von vorne. Ansonsten kann ich jedem nur raten, was der Titel des letzten Stücks sinngemäß sagt: Traut euch - Trinkt diese Abfüllung. Sie ist schwer zu finden und das vermutlich auch nur zu heftigen Preisen. Aber sie ist halt geil, die Mistress.