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Macduff 4 Jahre

9. Februar 2023

Macduff 4 - Jean Boyer - Gifted Stills

Warum kauft man einen nur vier Jahre alten Single Malt einer Brennerei aus der dritten Reihe, dann auch noch unabhängig abgefüllt und auf schlappe 43% runtergedreht, der, wie es aussieht, aus einem ausgelutschten Sherry Cask stammt? Ganz ehrlich: ich frag mich das heute auch. Hab den jungen Macduff, der gerade in meinem Glencairn atmen darf, vor fünf oder sechs Jahren an einem langen Wochenende in Paris blind gekauft und ihn dann erstmal in den Schrank gestellt. Inzwischen gucke ich da drauf und denke „Hmm….warste wohl in Urlaubsstimmung.“ Ich weiß noch, dass ich 39€ ausgegeben hab, aber alles andere zu meiner Kaufentscheidung hab ich verdrängt. Hab ihn dann jetzt endlich geöffnet und vielleicht überrascht er mich ja, denn zumindest Macduff mag ich ja eigentlich sehr gerne.

Aroma:

Eindeutig ein Sherry Cask: ganz klar erkennbare rote Trauben, Preiselbeeren, Pfirsich und Kirschen. Dazu kommt eine leichte, frische Säure verbunden mit minimalen Noten von Haselnüssen, dunklem Malz, hellem Holz und Zitronengras. Erstaunlich gefällig und nicht mit Sherry überladen. Bis hierhin fast ein Sommerwhisky.

Geschmack:

Den ersten Schluck aus dem durchaus großzügigen Dram behalte ich lange im Mund, ohne groß auf genaue Aromen zu achten, sondern verschaffe mir erstmal einen oberflächlichen Eindruck. Dieser besagt: der Sherry aus der Nase war mehr Schein als Sein, süßes Malz, jung und edelbitter. Ab dem zweiten Schluck mache ich mich dann mal genauer auf die Suche: für mich fassstärkenversauten Genießer sind die 43% zunächst erwartet dünn, aber das legt sich schnell, denn der Macduff hat durchaus Kraft. Vom in der Nase so präsenten Sherry Cask sind noch in Alkohol eingelegte Kirschen, minimal Pfirsich und die Schale von Weintrauben geblieben, halten sich aber im Hintergrund. Das so typisch malzige Destillat von Macduff setzt sich hier deutlich durch und bringt noch Zitrusnoten mit, während das Fass sich durch ein Stück Kohle und angebrannten Kaffee bemerkbar macht. Weißer Pfeffer, Kupfer und Muskatnuss melden sich ebenfalls noch zu Wort.

Abgang:

Vorher dachte ich: „Kurz und weg“, aber damit lag ich ordentlich daneben. Der Macduff hält sich mindestens mittellang, bringt Walnussschalen, dunkle Kirschen, Kupfer, kalten Kaffee, Muskatnuss und ordentlich Malz mit.

Fazit:

Meine Erwartung war alles andere als hoch und ich hatte diesen Whisky für mich jahrelang als Fehlkauf aus einer Urlaubslaune heraus gedanklich abgelegt, aber das muss ich jetzt wohl revidieren. Das ist kein Wunderwhisky, nichts zum Niederknien und auch die bisher einzige Bewertung in der Base mit 90 Punkten ist vermutlich eher im Überschwang entstanden, aber ich kann für mich ganz klar sagen: der ist lecker, der ist süffig, der geht gut runter. Ein richtig schöner, solider Daily Dram, der seinen Preis in jedem Fall wert war, auch wenn seine Jugend durchaus erkennbar ist. Ich vermute, der wird nicht lange halten.

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