Nach der Premiere im letzten Jahr ging es ab Freitag für die Just Whisky Hamburg in die zweite Runde. Die grundsätzlich sehr schöne, aber, wenn ich es richtig vernommen hab, auch einfach schweineteure und letztlich vermutlich auch zu enge Location vom letzten Jahr, wurde eingetauscht gegen das schöne Bürgerhaus Wilhelmsburg. Wie auch im letzten Jahr hielt sich der Andrang meines Erachtens leider in Grenzen, auch wenn es sich im großen Saal des Bürgerhauses auch deutlich mehr verlaufen konnte. Meine Bilder von der Szenerie sind übrigens nicht sehr repräsentativ, denn mir ist erst fünf Minuten vor Messeende eingefallen, dass ich für meinen Bericht vielleicht mal schnell was knipsen sollte. Da waren viele Besucher natürlich schon gegangen und es wirkt deswegen nochmal leerer, als es tatsächlich war.
Wenn ich richtig gezählt hab, dürften insgesamt 28 Aussteller vor Ort gewesen sein, darunter altbekannte Importeure wie Schlumberger, Prineus, Vibrant Stills, Celtic Events, Whiskyjason oder Irish Whiskeys, aber auch viele unabhängige Abfüller wie 82 Chapters to Newcastle, Anam na h-Alba, die SMWSoder Whisky Warehouse No.12 sowie Brennereien wie Loch Lomond, Glen Scotia, St. Kilian und Thousand Mountains oder auch Geschäfte wie das Brühler Whiskyhaus, die Villa Konthor oder die Whiskyburg Wittlich…….und natürlich noch viele mehr, die aufzuzählen an dieser Stelle den Platz sprengen würde, die ich aber trotzdem an ihrem Stand belästigt habe.
Frisch angekommen wurde ich mit einem Eintrittsarmbändchen sowie einem Messeglas versorgt und stromerte erstmal durch die Halle: Atmosphäre aufnehmen, erste Stände neugierig beäugen, Bekannten vor und hinter den Ständen zuwinken und die Suche nach dem ersten Whisky des Tages angehen. Manchmal weiß ich bei Messen schon vorab, dass ich hier und da ganz bestimmte Whiskys probieren möchte, aber diesmal hatte ich kein besonderes Ziel im Blick und schlenderte erstmal nur durch den großen Saal. Ich sichtete direkt auch ein paar Whiskys, die mich sehr reizten, aber das waren alles Fassstärken oder rauchige Whiskys und mit beidem wollte ich nicht in den Messetag starten.
Irgendwann gelang es dem höchst sympathischen Standpersonal von Celtic Events mich in ein Gespräch zu verwickeln, welches schließlich dazu führte, dass der erste Whisky des Tages in meinem Glas landete: „Scotts Irish Whisky“ (Ja, ohne „e“), die erste Abfüllung der Scotts-Brennerei aus, wenn ich es recht entsinne, Chablis-Fässern. Ein sehr süffiger und leichter, trotzdem trockener und mit unerwartet viel Holz daherkommender Einstieg in den Tag. Weiter unten seht ihr ein schlechtes Foto der Flasche.
Am Stand von Celtic Events gab es für mich auch den schrägsten Whisky des Tages zu bestaunen, an den ich mich aber nicht rangetraut hab - Nur ein kurzes Verriechen war drin: ein 20 Jahre alter Tullibardine aus einem Amaretto-Fass, der direkt vor Ort aus dem Fass abgefüllt wurde. Die Geruchsprobe mit den fetten, klebrigen Noten von extrastark gezuckerten Cocktailkirschen und haufenweise Marzipan hat gefühlt direkt meine Nasenhaare zusammengeklebt. Hoch spannend, aber so weit außerhalb meiner Komfortzone, dass ich es gelassen hab.
Mein nächster Weg führte mich zum Brühler Whiskyhaus, wo mir direkt die Eigenabfüllungen aus der „A Dream of Scotland“-Serie angepriesen wurden. Als ich mit einem „Fassgetriebene Abfüllungen sind meistens nicht meins und Sherry mag ich eh so gut wie gar nicht“ konterte, hielt man mir einen 24 Jahren alten Burnside aus der „The Fine Art of Whisky“ aus einem Refill Bourbon Hoghshead vor die Nase und meine Neugier war geweckt. „Burnside“ ist meines Wissens ein Balvenie mit einem Teelöffel Glenfiddich und gilt daher offiziell als Blended Malt. Ab ins Glas damit und damit in der Hand vor dem Probieren erstmal 25 Minuten durch die Gegend gelaufen, denn der brauchte ein bisschen Zeit im Glas. Was soll ich schon groß sagen: geiles Zeug. Warm und ölig, süß und fruchtig, weich und würzig, einfach lecker. Hier wieder ein schlechtes Foto:
Als Nächstes strandete ich am Stand der „Destillerie Thomas Sippel“, einer deutschen Brennerei aus der Pfalz, welche sich als Weingut natürlich auf Reifungen in Weinfässern spezialisiert hat. Der Whisky wird unter dem Namen „Palatinatus“ abgefüllt und in mein Glas wanderte ein drei Jahre altes Exemplar mit Riesling Cask Finish - Mein allerster Whisky aus einem Rieslingfass. Meine Eindrücke sind schwierig wiederzugeben, denn direkt nach dem großartigen Burnside ging er leider ein bisschen unter……was aber einfach ziemlich vielen Whiskys so gegangen wäre. Letztlich würde ich es als fruchtigen Hustenbonbon mit ordentlich Trauben und Tanninen beschreiben. Spannend und auch lecker, aber an der falschen Stelle ausgewählt.
Einige von euch haben vielleicht meine aktuellen Tasting Notes zum Indri Single Cask 303 gelesen und so war es zum einen kein Wunder, dass mich eine mir unbekannte Indri-Abfüllung an den Stand von Prineus lockte, und zum anderen ich gefühlt jedem Bekannten auf der Messe empfahl, doch mal die Indri Single Casks zu probieren. Ab demnächst bringt die Brennerei Cask Strength-Abfüllungen aus Bourbonfässern in immer neuen Batches auf den Markt und das erste Batch stand vor Erscheinen auf der Just Whisky bereits zum probieren rum. Keine Frage: das musste ins Glas. Fassstärke, ordentlich Vanille, tropische Früchte, Espresso, angebranntes Holz und eine schwer einzuordnende Säure. Ein absolut guter Whisky, auch wenn mir das frisch besprochene Single Cask noch besser gefiel.
Anschließend landete ich bei Finest Whisky, welche sich einen Stand mit dem Whiskykanzler teilten, und wurde dort auf eine Jura-Abfüllung für den Berliner Pub „Union Jack“ aufmerksam, welche mir von Umstehenden als höchst spannender und absolut ungewöhnlicher Jura angepriesen wurde. Ich bin ja bekanntlich willensschwach und schnell zu überzeugen, also landete der Whisky in meinem Glas. Tja, ungewöhnlich war der in jedem Fall und soweit ich es objektiv beurteilen kann, auch einen guter Whisky, aber leider lag der weit weg von meiner Komfortzone: 13 Jahre alt, Fassstärke und mit Finish in einem Sherry Butt, dafür aber nicht wirklich dunkel. In der Nase noch sehr rund und fruchtig, im Mund dann aber einfach eine heftige Sherry-Kräutersuppe. Nicht meins, aber vermutlich trotzdem für viele genau richtig.
Nach einer Essenspause war es dann Zeit, sich amerikanischem Whiskey zu widmen und so ging ich natürlich an den Stand von Whiskyjason, an dem man den ganzen Tag über viele Bekannte treffen konnte. Ich hatte dort schon ziemlich zu Anfang den Balcones Texas Blue Corn mit Wine Cask Finish ins Auge gefasst und ließ mir den dann auch einschenken. Ein Bourbon mit Weinfinish in Fassstärke - Für mich etwas völlig Neues, aber wo, wenn nicht auf einer Messe, kann man sowas schon mal probieren. Definitiv ein ungewöhnlicher, aber mit seinen kräftigen Weinnoten hochinteressanter Whisky. Den werde ich irgendwann in Ruhe nochmal probieren müssen, denn ich hatte das Gefühl, dem auf der natürlich lauten, unruhigen Messe nicht genug Zeit und Aufmerksamkeit widmen zu können.
Vom nächsten Whisky gibt es leider kein Foto, denn das hab ich irgendwie vergessen, aber er stammte vom Stand von „82 Chapters to Newcastle“, den ich im Laufe des Tages sechs oder sieben Mal aufsuchte, weil man sich dort nebenbei auch immer richtig gut unterhalten konnte. Der Whisky war ein 14 Jahre alter Tormore, der gemeinsam mit seinen zwei Brüdern aus Octave(?)-Fässern in etwa zwei Wochen erscheinen soll. 11 Jahre Bourbonfass, 2 Jahre Refill-Sherry und dann für ein Jahr aufgeteilt auf ein First Fill Bourbonfass, ein Sherryfass und ein Islayfass. In mein Glas kam die Bourbonfassvariante, die unter dem Titel „Kann man sich dran gewöhnen“ firmierte. Die Sherryvariante hieß „Hilft nicht bei Haarausfall“ und den den Namen der Islayvariante hab ich sehr erfolgreich verdrängt. Der Tormore hatte einen überraschenden „Chili Catch“, fast wie ein Talisker, war aber ansonsten ein klassisch nussig-vanillig-malziger Tormore mit leichtem Sherryeinfluss. Völlig in Ordnung, durch den Chili Catch aber wirklich höchst ungewohnt.
Kein Foto von diesem Whisky, daher einfach ein paar Fotos von der Messe an dieser Stelle
Weiter ging es mal wieder zurück an den Stand von Prineus, wo es neben vielerlei Gesabbel den ersten rauchigen Whisky des Tages gab: ein 18 Jahre alter Loch Lomond (Croftengea) aus dem Bourbon Cask aus der „Single Cask Nation“-Serie der Jewish Whisky Company. Saubere, feine, rauchig-ausbalancierte Abfüllung. Nicht überragend, aber auch nicht zu unterschätzen.
Dann strandete ich mal wieder am Stand von „82 Chapters to Newcastle“, wo es einen dreijährigen Islay Whisky namens „Code Lila“ aus einer „unbekannten“ Brennerei mit Apricot Brandy Finish direkt aus dem Fass gab. Der war dermaßen lecker, dass ich gerne direkt etwas davon mitgenommen hätte, aber es gab ihn halt leider nur als kleinen Dram direkt aus dem Fass. Muss den Jungs dringend nochmal eine Mail schreiben und rausfinden, ob da nicht vielleicht doch noch was geht…..
Die Messe, meine Konstitution und meine Leber näherten sich inzwischen trotz mehrerer Liter Wasser und einer Menge an Essen dem Ende, also hieß es anschließend: ab in den Endspurt. Diverse Messeteilnehmer hatten mir erzählt, dass man unbedingt den höchst geheimen Islay-Whisky mit dem Segelschiff drauf aus dem Refill Sherryfass probieren sollte, der beim Brühler Whiskyhaus am Stand zu bekommen war und bei dem es sich um einen Ardbeg handelte. Trotz meiner Sherryabneigung hab ich mich gewohnt willensschwach überreden lassen und den probiert. Für diesen Whisky war der Tag allerdings offensichtlich zu weit fortgeschritten, denn außer einem übervollen Aschenbecher, Zitrone und Rosinen gab der mir nicht viel. Hab aber ein Sample davon erworben, um den zuhause nochmal in Ruhe zu würdigen.
Nach fest sieben Stunden Messe führte mich der allerletzte Weg des Tages nochmal an den Stand des Whiskykanzlers, um dort nochmal eine seiner Eigenabfüllungen zu probieren, die ich vor diversen Jahren schon mal getrunken und die mich dabei begeistert zurückgelassen hatte: ein rauchiger BenRiach 1995-2014 aus einem Madeira Hogshead. Im Gegensatz zum Ardbeg vorher hat der meine schon mitgenommenen Geschmacksnerven nochmal ordentlich getriggert und es bleibt zu dem nur zu sagen: das war mein absolutes Messe-Highlight. Richtig großartig, aber einfach nicht mehr zu bekommen.
Was bleibt nach sieben Stunden Messe, 11 Drams und super vielen spannenden Gesprächen mit Besuchern und Ausstellern: die Just Whisky war richtig super und gut organisiert. Alle Aussteller haben sich bereitwillig von mir zutexten lassen und waren tatsächlich auch selber ordentlich redselig. Sie hatten aber leider auch die Zeit dazu, denn die Messe hatte aus meiner Sicht weniger Besucher als sie verdient gehabt hätte. Ich hoffe, nächstes Mal kommen mehr, denn es wäre toll, wenn die Just Whisky sich etabliert. Erfreulich war die aus meiner Sicht nicht vorhandene Menge an total Betrunkenen, die ich auf anderen Messen erleben durfte, was davon zeugt, dass es eher eine Nerd-Veranstaltung war. Ich komme jedenfalls gerne wieder.