Es war mal wieder Zeit in den Untiefen meines Samplehaufens zu wühlen und diesmal fielen mir dabei 3 Fläschchen mit jeweils 2cl vom unabhängigen Abfüller „Lady of the Glen“ in die Finger, welche ich mir irgendwie vor längerer Zeit mal gejagt hatte: ein Miltonduff, 19 Jahre, Bourbon Cask, 51,4%. Ein Tullibardine, 14 Jahre, 7 Jahre Finish im Rum Cask, 55,3%. Ein Strathmill, 11 Jahre, Finish im Tawny Port Cask, 56,8%. Mein Geschmack scheint sich seit dem Erwerb dieser Samples nicht groß geändert zu haben, denn die Rahmendaten ließen mir sofort das Wasser im Mund zusammenlaufen. Da ich nichts mehr über diese Samples wusste, kamen sie einfach nach aufsteigendem Alkoholgehalt der Reihe nach ins Glencairn und, so viel kann ich schon vorwegnehmen, bescherten mir einen tollen Abend.
Aroma:
Miltonduff:
Mir rollt aus dem Glas sofort eine absolut klassische Bourbonfassnase entgegen: Vanille, Zitronengras, grüne Äpfel und Blütenhonig kombinieren sich mit Heidekräutern, Kalk, Mineralien, hellem Holz und grünen Bananen zu einem Dram, bei dem allein der Geruch in mir sofort schon Begeisterung weckt. Das mag ich.
Tullibardine:
Dieser Whisky ist in der Nase etwas schräger und startet erstmal mit Mango, Ananas und Honigmelone, bevor er gewachste Äpfel, Vanille und Butterkekse in den Ring wirft. Das riecht schon alles nach Rum und auch nach Whisky, verbindet sich für mich aber nicht, sondern schwebt jeweils einzeln vor sich hin. Schwierig, aber interessant.
Strathmill:
„Süüüß, erkennbar fassstark und echt angenehm“ meldet meine Nase mir im ersten Eindruck. Popcorn, Orangen, Aprikosen, Erdbeeren und Vanille vermengen sich mit Kardamom, Safran und Walnüssen zu einem höchst spannenden Aroma. Das gefällt mir.
Geschmack:
Miltonduff:
Der Dram ist überraschend mild im Antritt, zeigt aber hinten heraus mit einer ordentlichen Portion rosa Pfeffer was er kann. Zwischendrin gibt es cremige Mirabellen und Honig, dunkles Malz und angebranntes Toast, eine leichte irgendwie tropische Säure und morsches Holz. Ältere Bourbonfassreifung, wie sie gehört. Klassisch.
Tullibardine:
Ein kräftig würziger Whisky knallt mir hier auf die Zunge: Küchenkräuter, Muskatnuss, kalter Kaffee, Ingwerschärfe, Zimt, süßlich-nussig fast wie Artischocken, dunkles Malz, verkohltes Holz. Eindeutig Rum, eindeutig Whisky, schwierig in der Kombination mit spannenden Einzelnoten.
Strathmill:
Beginnt mild und wird hintenraus dann pfeffrig scharf, bringt dunkle Schokolade, Walnüsse, Orangenschale, Pflaumen, Galiamelone und Datteln mit sich. Dazu ist er staubtrocken und elegant holzig-bitter. Mächtig lecker.
Abgang:
Miltonduff:
Mittellang, malzig-holzig, mit sanfter Schärfe, Zitronengras und Melone, cremig.
Tullibardine:
Mittellang, bittersüß, verkohltes Holz. Wirkt mit seiner Trockenheit und seinen Tanninen fast wie ein Rotwein.
Strathmill:
Lang, scharf-würzig, mit Vanille und Dörrobst, staubtrocken.
Fazit:
Von allen drei Whiskys hätte ich sehr gerne mehr als die schlappen 2cl, die ich in meinen Samples hatte. Der Miltonduff ist eine absolut leckere, klassische Bourbonfassreifung mit leicht tropischen Anwandlungen und für seine 19 Jahre mit den derzeit aufgerufenen 80€ fast ein Schnäppchen. Da werde ich ganz intensiv drüber nachdenken, ob ich den nicht bestelle. Der Tullibardine mit den sieben Jahren im Rum Cask ist ein Whisky, den ich vermutlich ein zweites Mal an einem anderen Abend probieren muss, um ihn wirklich sauber einschätzen zu können. 2cl haben mir jedenfalls nicht ausgereicht um klar und fair sagen zu können, ob die Rum- und die Whiskynoten in dieser Abfüllung wirklich nicht zueinander passen oder ob das meine Tagesform war. Wer kräftig-würzige Whiskys und Rumfinish mag, dürfte hier aber keinen Fehler machen. Mit 80€ bis 90€ auch noch völlig in Ordnung bepreist für eine unabhängige Fassstärke. Der Strathmill war, obwohl der jüngste und alkoholhaltigste unter den Dreien, mein Sieger des Abends: kräftig, süffig-süß aber trotzdem staubtrocken, ungewöhnliche Aromen und Geschmäcker – Lecker. Für etwa 80€ und 11 Jahre im Preis sicherlich kein Schnäppchen, aber das „Der ist einfach toll“ macht ihn für mich dann doch wieder mächtig interessant. Ich habe das Gefühl, ich werde demnächst shoppen.